2 190 ur »»n.t die Gondel mit seinem Ruder so geschickt, daß man es si, 1um denken kann, wenn man's nicht gesehen hat! Man schwimmt auf den Welien so sanft wie in einer Wiege und sieht an beiden Seiten große, hohe Paläste, einen dicht am andern; unter den Brücken fährt man durch; zwischen Gondeln, Schiffen, Barken fährt man wie auf einem Pfeile hin, daß im größten Ge⸗ dränge eine Gondel die andere kaum berührt. In manchen, ziem— lich engen Kanälchen gehen drei Gondeln nebeneinander so schnell vocbei, als wenn man aneinander vorüber flöge. Die Damen sitzen mit ihren Herren darin, und sie haben es zehnmal bequemer, als wenn sie in den Kutschen gerüttelt würden. In Venedig sind keine Kutschen; alles wiegt fich in Gondeln, was nicht über die Brückentreppen auf- und ablaufen will. Es ist eine sonderbare Stadt, die gleichsam aus der See emporsteigt, voll Gedränges von Menschen, voll Fleiß und Betrügerei. Es ist mir lieb, daß ich sie gesehen habe. Morgen geht's nach Padua, auch zu Wasser, daͤnn weiterhin zu Land und endlich zweimal über die Berge, bis ich bei Euch bin und Euch wiedersehe. J Euer getreuer Vater J. G. vp. Herder. 1* 2 7. Die Kämpfe der südrussischen Steppenpferde mit den Wölfen. Die weit ausgedehnten Steppen Südrußlands sind von zahl— reichen Herden halbwilder Pferde bewohnt, die unter Aufsicht eines Hirten hier jahraus, jahrein im Freien zubringen. Aber auch Wölfe durchstreifen einzeln oder in Rudeln die Steppe. Sie sind die schlimmsten Feinde der Pferde, und es entstehen oft, I. im Winter und Frühjahr, heftige Kämpfe zwischen ihnen. Daß die Wölfe bei helllichtem Tage in die Pferdeherde ein— brechen, um sich dort zu sättigen, kommt nicht vor; sie wissen recht wohl, daß sie da Reltung verloren wären und von den Pferden dem platten Rasen gleich getreten würden. Bei Nacht aber und wenn die Wölfe den Pferden an Zahl überlegen sind, geschieht es wohl, daß ein Rudel Wölfe mitten in die Herde gerät; der Kampf entwickelt sich alsdann in folgender Weise: Die zunächst angegriffenen Pferde, welche die Wölfe witterten oder ihre leuchtenden Augen auf der Steppe funkeln sahen, spitzen die Ohren, schnauben, wiehern und stoßen Töne durch die Nüstern, die man durch die Nacht weithin pfeifen hört. Auf den ersten