Kaiser Wilhelm II. vollen Erinnerungen, wie kein anderer Fürst der Welt es seinen fürstlichen Gästen hätte bieten können. Ein militärisches Schauspiel anderer Art, aber für den Kaiser auch herzerfreuend, war ihm schon am Morgen geworden. Es marschierten drei Soldaten vom 1. Garderegiment in voll— ständiger Uniform und Marschausrüstung mit Tornister, Seiten— gewehr, Brotbeutel und Feldflasche in das Zimmer des Kaisers und präsentierten vor ihm das Gewehr; schmucke Soldaten, nicht ganz so groß, wie die berühmten Flügelmänner des berühmten Regimentes, aber auch nicht ganz so alt. Der älteste der Grenadiere sieben, der zweite sechs, der dritte fünf Jahre alt. Es waren die drei ältesten Söhne unseres Kaisers, der Kronprinz Wilhelm, Prinz Eitel Friedrich und Prinz Adalbert. Ihre Majestät die Kaiserin hatte die Überraschung vorbereitet und sie selbst führte die Söhne ins Arbeitszimmer des hohen Gemahls. Es war der erste Glückwunsch, der dem Kaiser an seinem Geburtstage dar— gebracht wurde. Am Abend seines Geburtstages bereitete der Kaiser der Ber— liner Jugend eine große Freude, indem er sie zu einer Aufführung des Schauspiels „Die Quitzows“ von Ernst von Wildenbruch in das Opernhaus einlud. Welche Freude, als die erste Kunde hier— von laut wurde, welcher Jubel bei den 1300 Kindern, den Aus— erwählten aller Schulen. In dichten Scharen, begleitet von ihren Lehrern, zogen sie in den gewaltigen, im hellsten Glanze strah— lenden Rauum ein. Und wie wohlerzogen waren diese jugendlichen Zuschauer, aus deren Mitte nur hie und da die Gestalt eines Er— wachsenen sich abhob: Dort im ersten Rang der Unterrichtsminister von Goßler in seinem goldstrotzenden Galakleide, ihm gegenüber Ernst von Wildenbruch, der Schöpfer aller guten Gaben des Abends. Feier— liche, andächtige Stille herrschte, freudiger Stolz lagerte auf aller Mienen, Gäste des Kaisers zu sein, und diesem Gefühle entspre— chend waren sie alle in ihren besten Gewändern gekommen, die einen im schwarzen Rock oder weißen Kleide, die anderen im ein— fachen frisch gebuͤgelten Kattunröckchen. Atemlos lauschten alle den feurigen Worten Friedrichs von Hohenzollern, folgten sie den Thaten und Reden der beiden Quitzows; schüchtern nur klatschten nach dem ersten Aktschluß einige Beifall, bald aber, als sei der Bann gelöst, und dann immer wieder ging ein Sturm des Beifalls durch das Haus, wie ihn dasselbe sonst nie zu hören bekommt. Bei der Darstellung aber, wie das märkische Volk sich huldigend beugte vor dem großherzigen Exretter, sprachen sie ihre Begeisterung in einem brausenden Hoch auf den gütigen Monarchen aus, der seiner Berliner Jugend ein so schönes Fest bereitete, und „Heil dir im Siegerkranz“ erscholl es darauf aus den tausend frischen Kehlen. Keins der Kinder aber wird jemals dieses herrlichen Abends vergessen. (Teilweise nach der Darstellung des „Daheim“)