— 308 — ersticken. Unter diesen Schmarotzern bemerken wir, wenn wir Glück haben, eine Menge prächtig blühender Orchideen; denn Neu-Guinea ist außerordentlich reich an diesen wunderbarsten aller Blumen. Im östlichen Teil dieser Insel sind über 100 Arten bereits bekannt ge— worden, wovon etwa die Hälfte neu war, teilweise zu den prächtigst blühenden Familien gehörig. Im Weitermarschieren müssen wir öfters über die auf dem Boden sich 1.3 zum nächsten größeren Stamm dahinwindenden, faust- bis schenkeldicken Stämme mächtiger Lianen hinübersteigen, die blattlos und kahl, ia unheimlich verzerrten Krümmungen wie große Riesen— schlangen maufklettern in das Laubdach, um ebenfalls da oben ihr Teil an Licht und Luft zu erhaschen. Licht und Luft, das ist die Losung im Urwald. Alles strebt empor. Alle Stämme, alle Keimlinge müssen trachten, so bald als möglich in die Höhe zu schießen, um ihre Krone hindurchzudrängen zu dem goldenen Lebensstrom der Sonne. Was nicht kräftig oder rasch genug ist, das siecht im Halbdunkel bleichsüchtig dahin und geht im Moder bald zu Grunde. Finger- bis daumdicke Stämmchen sind schon 20—25 Fuß hoch, elend mager, kaum ein paar Blätter an der Krone zeigend: so ausschließlich wird alle Kraft auf das Längenwachstum verwandt. Sie stehen nur aufrecht, weil sie von ihren Nebenbrüdern gehalten werden. Hier lernt sichs begreifen, wie der Kampf ums Dasein aus einem ursprünglich stolzen, gerad— stämmigen, selbständigen Baum einen kriechenden, sich windenden Schmarotzer zu Wege bringt. ‚Bitte, bitte, hilf mir, halte mich, nur ein kleines bescheidenes Plätzchen gönne mir, daß ich auch einen Sonnen— strahl erhaschen kann“, fleht das magere, lange, schwindsüchtige Ding zu seinem dicken, großen, umfangreichen Nachbar, der oben im Sonnenlicht bereits seit langem schwelgt und zehnmal mehr Platz einnimmt, als er zum Dasein nötig hat. Doch der will nichts davon wissen: Selber essen macht fett, und dann mag ja auch schließlich selbst ein Baum nicht gerne seinen eigenen Mörder großziehen. Er tennt das, er war ja selbst einmal ein so junger, rücksichtsloser Streber. Und darum sucht er im Besitz der Kraft und Macht alles um sich her erbarmungslos zu ersticken und zu erdrücken. Hunderte fallen ihm zum Opfer; aber das elende, unscheinbare Ding zwischen seinen Füßen, gerade das unbedeutendste von allen, das er nie sonderlich beachtete, hat sich mit Zähigkeit und Ausdauer zu behaupten gewußt; zuerst, als es noch klein und schwach war, mit Kriechen und Ducken und Schmeicheln, dann aber, sobald es sich stark genug