161 Die Schülerinnen und Nachfolgerinnen der heiligen Odilia traten in ihre Fußstapfen und übten Gebet und Krankenpflege; aber auch die Wissenschaften blieben ihnen nicht fremd. Herrlich blühte das Kloster Hohenburg besonders im 12. Jahrhundert. Damals beteten, lehrten und dichteten auf dem heiligen Berge die ernste Relindis, die gelehrte und gottesfürchtige Edelinda, die begeisterte Herrad von Landsberg. Letztere dichtete lateinische Gesänge und verfaßte ein Buch: Hortus deliciarum, zu deutsch „Wonnegarten“, das sie mit zahlreichen Farbe— zeichnungen ausschmückte. Das Kloster Hohenburg sah viele hohe Gäste. Kaiser Friedrich Barbarossa pilgerte mehrmals hinauf, um mit der Äbtissin Herrad sich zu unterhalten. Oft verweilten dort andere Glieder der Hohen— staufen; auch Richard Löwenherz pilgerte zum Grabe der heiligen Odilia. Die Familie der heiligen Odilia besteht noch jetzt nach 11 Jahr— hunderten. Auf sie führen das fürstliche Haus der Zähringer, das fürstliche Haus von Hessen⸗-Darmstadt und das österreichische Regenten— haus ihren Stammbaum zurück. Mächtige Könige und Kaiser, große Krieger, berühmte Kirchenfürsten sind aus derselben hervorgegangen. Odilia aber ist durch ihren heiligen Lebenswandel die schönste Zierde der Familie geworden. Als Attich seine arme, blinde Odilia verstieß, sah er nicht voraus, daß diese Gottgeweihte Hohenburg ihren Namen geben und nach zwölfhundert Jahren noch mit den Worten verherrlicht werden würde: .O heilige Odilia, bitte für uns!“ Nach Gerber. 6. Karl der Grosie. 1. Karls des Großen Regierung. Karl der Große war einer von den gewaltigen Männern, wie sie unser Herrgott von Zeit zu Zeit in die Welt schickt, wenn große Dinge vollbracht werden sollen. Sechsundvierzig Jahre hat er regiert und hat in der Zeit geschafft, was ein anderer nicht in hundert Jahren fertig brächte. Von den sechsundvierzig Jahren war nur eines ein Friedensjahr; sonst war immer Krieg. Dreißig Jahre dauerte allein der Krieg mit den Sachsen. Die wohnten aber nicht in dem Lande, welches heutzutage das Königreich Sachsen heißt und die schöne Stadi Dresden am Elbstrom zur Hauptstadt hat, sondern herwärts der Elbe, an der Weser bis gegen die holländische Grenze hin. Diese Sachsen waren grimmige Heiden. Mit ihnen gab es allerlei Händel und schließlich den langen, blutigen Krieg. Wie oft auch die Leseb. f. lath. Oberkl. 11