212 Augenblick. Jeden Abend setzte er sich in den Stand, dem höchsten Richter Rechenschaft abzulegen, wenn es demselben gefallen sollte, ihn in der bevorstehenden Nacht zu sich abzurufen. Er starb den 27. Sep— tember 1660. Sein Leichenzug war feierlich durch die Anwesenheit der höchsten Personen aus dem geistlichen und weltlichen Stande; das rührendste Trauergefolge aber bildeten die vielen Armen und Ga brechlichen, welche in ihm ihren wahren Freund und Vater beweinten. Er hat wahrlich den Armen das Evangelium gepredigt; er starb in dem Herrn, seine Werke folgten ihm nach und leben sort und fort in den Werken seiner Jünger und Jüngerinnen. Nach Bumüller. 29. Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst von Brandenburg. (1640-1688.) Friedrich Wilhelm war ein Jüngling von zwanzig Jahren, als er die Regierung der preußisch-brandenburgischen Lande antrat. Am 20. November 1640 hatte sein Vater Georg Wilhelm das Zeitliche gesegnet. Er hinterließ seinem jungen Sohne ein schweres Werk. Aber mit Hoffnung und Vertrauen blickte sein Volk auf den neuen Kur— fürsten. Es sehnte sich nach Rettung aus schrecklicher Not. Was waren dazumal für Zeiten in Deutschland! Über zwanzig Jahre wütete schon der Krieg, welcher nachmals der dreißigjährige genannt worden ist, und noch war sein Ende nicht abzusehen. Wo vor wenig Jahren noch Dörfer gestanden hatten, sah der Wandersmann nichts als Schutt, und das Gras wuchs über den Trümmern. Zu Tausenden hatte der Krieg die Menschen hingerafft; was das Schwert nicht fraß, das riß Hungersnot und Pest ins Grab. Es war freilich überall so in deutschen Landen; vom Rhein bis über die Oder, von der Nord- und Ostsee bis tief nach Süden hin, wo der Donaustrom fließt, war ein grenzenloses Elend eingekehrt. Denn durch das ganze deutsche Land waren die wilden Kriegsscharen gezogen, und ihre Spur konnte man verfolgen an den Trümmerhaufen, welche sie zurückließen. Das war das Erbe, welches der Kurfürst übernahm. Er war groß geworden mitten unter dem Kriegslärm. Vor den räuberischen Scharen hatten sie ihn in seiner Jugend nach der Festung Küstrin flüchten müssen. Später hatte ihn sein Vater nach Holland geschickt,