550 aus dem Wege ging Seit den letzten Tagen wußte man, daß der Kaiser selbst von seinem Heere geflohen war. In offenem Schlitten, uur einen Begleiter neben sich, war er verhüllt, als Herzog von Vicenza, Tag und Nacht durch preußisches Gebiet gefahren. Am 12. Dezember war er um 8 Uhr abends in Glogau angelangt, hatte dort eine Stunde geruht und war um 10 Uhr in grimmiger Kälte aufgebrochen. An nächsten Morgen war er zu Hainau in die alte Burg eingefahren wo damals der Posthof war. Er hatte dort getrunken und war weiter gejagt, auf Dresden zu. Jetzt war er in Paris angekommen; man las in den Zeitungen, wie glücklich Paris war, wie zůrtlich ihn seine Gemahlin und sein Sohn begrüßt hatten und wie wohl sich der Kaiser befinde. Und man las weiter, daß die große Armee trotz der Ungunst der Jahreszeit doch noch in furchtbaren Massen über Preußen zurück kehren solle, und daß der Kaiser von neuem rüste. Man sah aber bald, was von der großen Armee übrig war. In den ersten Tagen des Jahres fielen die Schneeflocken; weiß wie ein Leichentuch war die Landschaft. Da bewegte sich ein langsamer Zug geräuschlos auf der Landstraße zu den ersten Häusern der Vorstadt. Das waren die zurückkehrenden Franzosen. Sie waren vor einem Jahre der auf gehenden Sonne zugezogen mit Trompetenklang und Troumelgerassel in kriegerischem Glanz und empörendem Übermut. Endlos waren die Truppenzüge gewesen, Tag für Tag ohne Aufhören hatte sich die Masse durch die Straßen der Stadt gewälzt; nie hatten die Leute ein so ungeheures Heer gesehen, alle Völker Europas, jede Art von Unt formen, Hunderte von Generalen. Die Riesenmacht des Kaisers war tief in die Seelen gedrückt, das militärische Schauspiel mit seinem Glanz und seinem Schrecken, aber auch die Erwaͤrtung eines furcht baren Verhängnisses erfüllte alle. — Aber was jetzt zurückkehrte, das kam kläglicher, als einer im Voll geträumt hatte. Es war eine Herde armer Sünder, die ihren letzten Gang angetreten hatten; es waren wandelnde Leichen. Ungeordnete Haufen, aus allen Truprengattungen und Nationen zusammengesetzth ohne Kommandoruf und Trommel, lautlos wie ein Totenzug nahten sie der Stadt. Alle waren unbewaffnet, keiner beritten, keiner in voll ständ'zer Montur, die Bekleidung zerlumpt und unsauber, aus den Kleidungsstücken der Bauern und ihrer Frauen ergänzt. Was jeder gefunden, hatte er an Kopf und Schulter gehängt, um eine Hülle gegen die markzerstörende Kälte zu haben: alte Säcke, zerrissene Pferdedecken, Teppiche, Tücher, frisch abgezogene Häute von Kaßen und Hunden, man sah Grenadiere in großen Schafpelzen, Kürassiere, die Weiberröcke trugen Nur wenige hatten Helm und Tschako, jede Art Kopftracht, bunte und weiße Nachtmützen, wie sie der Bauer trug, tief in das Gesicht gezogen, ein Tuch oder ein Stück Pelz zum Schutz der Ohren darüber geknüpft, Tücher auch über den untern Teil des Gesichts Und doch waren der Mehrzahl Ohren und Nasen erfroren und feuerrot, erloschen