142 147. Die Weinlese am Rhein. von seinem prachtvollen Palaste zu Ingelheim hinab auf den Strom und die rechtsrheinischen Höhen und gewahrte, wie bei Rüdesheim am Berge der Schnee zuerst weggeschmolzen war. Da ließ er aus fernen Landen edle Reben kommen und dort anpflanzen; daraus ist der vortreffliche Rüdesheimer Bergwein entstanden. Heute noch laäßt die Sage den alten Kaiser aus seiner Gruft zu Aachen zum Rheine heraufschreiten und die Trauben am Strome segnen. 2 5 So ist das Rheinland geworden zum Weinland und aller Wohl— stand des Landes, alle Behaglichkeit des Lebens und Verkehrs hängt im Rheinlande ab von dem günstigen Ausfall der Weinernte; daher beginnt im Spätherbste, der eigentlichen Erntezeit am Rhein, hier ein doppeltes Leben, ja eine neue Zeitrechnung. Am ganzen Rheine wird der Beginn der Traubenlese, zwischen Anfang Oltober und Ende November, je nach der Traubenreife wechfelnd, von dem Ortsvorstande in Gemeinschaft mit den größeren Besitzern auf einen bestimmten Tag festgesetzt. Zeigen sich die Traubenstiele trocken und verholzt, läßt die Traube sich leicht von der Rebe ablösen, sind die Kerne leicht, die Beerenhülsen weich und durchsichtig geworden, so ist die Lesezeit gekommen. Durch die Schelle wird dann verkuündigt, an welchem Tage die gemeinsame Lese beginnen kann. Bis zu diesem Augenblicke sind die Weinberge, mit Ausnahme großer Besitzungen, für jedermann, für die ganze Einwohnerschaft des Ortes geschlosfen. Verhaue und Hecken versperren die Zugänge; Eindringlinge werden durch die Winzerschützen eingebracht und mit Geldstrafen belegl. Es geschieht um der gegenseitigen Sicherheit willen. Nur in besonderen Fällen wird unter Aficht eines „Ehrenschützen“ nach eingeholter amtlicher Erlaubnis eine frühere Lese für den einzelnen Besitzer gestattet, z. B. bei Weingärten mit Früh⸗