Poesie. — Die Legende. 415 13. Ja, das ist der Herr! So stand er vor den ungerechten Heiden, So blieb still und klar sein Antlitz mitten in den größten Leiden. Und der Jünger sinkt zur Erde, doch das Herz läßt ihm nicht Ruh', Und er ruft: Mein Herr und Heilandl Rede, wohin gehest du? Mi 14. Und der Heiland spricht, das Auge unverwandt auf ihn gerichtet, it dem Blic, der an der Tage lettem Falsh und Wahrhei sichten: Meine Kirche steht verödet, meine Treuen sind verirrt: zu der Stadt ist meine Straße, wo man neu mich kreuz'genwird.“ 5. Und der Herr verschwand; doch eil'ger, als er erst den Tod geflohen, dleht der Jünger jetzt das Leben, denn des Meisters Blicke drohen. Shnell den Lauf zurück gewendet, über Hellas graut es schon, Neros goldnes Haus erglänzet bald als goldner Sonnenihron. d 16. Und die Sonne, die jetzt Freuden ausgießt über allen Landen, 3 die Christen laut noch jubelnd, den Apostel doch in Banden. er weinend sah sie jene, als sie wieder sank zu Thal, och ein selig- sterbend Antlißß traf am Kreuz ihr letzter Strahl. 12. Die Sage 222. J. u. W. Grimm: Der Schwanritter. (Deutsche Sagen.) BSerzog Gottfried von Brabant war gestorben, ohne männliche Erben zu linterlassen, er hatte aber in einer Urkunde gestiftet, daß sein Land der Herzogin und seiner Tochter verbleiben sollte. Hieran kehrte sich jedoch Gottfrieds Bruder, der mächtige Herzog von Sachsen, wenig, sondern bemächtigte sich, aller Klagen der Vitwe und Waise unerachtet, des Landes, das nach deutschem Rechte auf keine Veiber erben könne. — Die Herzogin beschloß daher, bei dem König zu klagen; und als bald darauf Karl nach Niederland zog und einen Tag zu Reumagen am Nheine halten wollte, kam sie mit ihrer Tochter dahin und begehrte Recht. Dahin bar auch der Sachsen Herzog gekommen und wollte der Klage zur Antwort stehen. 68 ereignete sich aber, daß der König durch ein Fenster schaute; da erblickte er nen weißen Schwan, der schwamm den Rhein herdan und zog an einer silbernen sete die hell glänzte, ein Schifflein nach sich; in dem Schiff aber ruhte ein hlafender Ritter, sein Schild war sein Hauptkissen, und neben ihm lagen Helm Ind Halsberg; der Schwan steuerte gleich einem geschicken Seemanne und brachte kin Schiff an das Gestade. Karl und der ganze Hof verwunderten sich höchlich dbh diesem seltsamen Ereignis; jedermann vergaß der Klage der Frauen und lief nab dem Ufer zu. Unterdessen war der Ritter erwacht und stieg aus der Barke hl und herrlich empfieng ihn der König, nahm ihn selbst zur Hand und führte gegen die Burg. Da sprach der junge Held zu dem Vogel: Flieg' deinen 253 wohl, lieber Schwan! wann ich dein wieder bedarf, will ich dir schon rufen. ogleich schwang sich der Schwan und fuhr mit dem Schifflein aus aller Augen Jedermann schaute den fremden Gast neugierig an; Karl ging wieder in's estühl zu seinem Gericht und wies jenem eine Slelle unter den andern Fuͤrsten in. ⸗ die Herzogin von Brabant, in Gegenwart ihrer schönen Tochter, hub nun⸗ ausführlich zu klagen an, und hernach vertheidigte sich auch der herzog von chsen. Endlich erbot er sich zum Kampf für sein Recht, und die HDergogn' solle ein Gegner stellen, das ihre zu bewähren. Da erschrak sie heftig; denn es r ein auserwählter Held, an den sich niemand wagen würde; vergebens ließ e im ganzen Saale die Augen umgehen, keiner war da, der sich ihr erboten hätte.