Poesie. — Das Lehrgedicht. Vm ruhen noch im Zeitenschooße Die Liebe muß bleiben; Die schwarzen und die heitern Loose; Die Blume verblüht, Der Mutterliebe zarte Sorgen Die Frucht muß treiben. Bewachen seinen goldnen Morgen. Der Mann muß hinaus De Jaͤhre fliehen pfeilgeschwind. In's feindliche Leben, bom Mädchen reißt sich stolz der Knabe, Muß wirken und streben Er stürmt ins Leben wild hinaus, Und pflanzen und schaffen, durchmißt die Welt am Wanderstabe, 60. Erlisten, erraffen, 1* dremd kehrt er heim ins Vaterhaus. Muß wetten und wagen, Und herrlich in der Jugend Prangen, Das Glück zu erjagen. Vie ein Gebild aus Himmels Höh'n, Da strömet herbei die unendliche Gabe, Nit züchtigen, verschämten Wangen, Es fullt sich der Speicher mit köstlicher Habe, Sieht er die Jungfrau vor sich stehn. Die Rãume wachsen, es dehnt sich das Haus. da faßt ein namenloses Sehnen Und drinnen waltet Ns Junglings Herz, er irrt allein, Die züchtige Hausfrau, Aus seinen Augen brechen Thränen, Die Mutter der Kinder, Er flieht der Brüder wilden Reih'n. Und herrschet weise Erröthend folgt er ihren Spuren, 70. Im häuslichen Kreise, Und ist von ihrem Gruß beglückt, Und lehret die Mädchen, Das Schönste sucht er auf den Fluren, Und wehret den Knaben, Vomit er seine Liebe schmückt. Und reget ohn' Ende Darte Sehnsucht! Süßes Hoffen! Die fleißigen Hände, Der ersten Liebe goldne Zeit! Und mehrt den Gewinn Das Auge sieht den Himmel offen, Mit ordnendem Sinn, Es schwelgt das Herz in Seligkeit; Und füllet mit Schätzen die duftenden Laden, D daß sie ewig grünen bliebe, Und dreht um die schnurrende Spindel den Die schͤne Zeit der jungen Liebe! Faden, Wie sich schon die Pfeifen bräunen! 80. Und sammelt im reinlich geglätteten Dieses Stäbchen tauch' ich ein: Schrein Seh'n wir's überglast erscheinen, Die schimmernde Wolle, den schneeigen Wird's zum Gusse zeitig sein. Lein, 130. Jetzt, Gesellen! frisch! Und füget zum Guten den Glanz und den Prüft mir das Gemisch, Schimmer, Ob das Spröde mit dem Weichen Und ruhet nimmer. Sich vereint zum guten Zeichen! Und der Vater mit frohem Blick Denn wo das Strenge mit dem Zarten, Von des Hauses weitschauendem Giebel Wo Starkes sich und Mildes paarten, Ueberzählet sein blühend Glück, Da giebt es einen guten Klang. 90. Siehet der Pfosten ragende Bäume Drum prüfe, wer sich ewig bindet, Und der Scheunen gefüllte Räume W sich das Herz zum Herzen findet! Und die Speicher, vom Segen gebogen, Der Wahn ist kurz, die Reu' ist lang. Und des Kornes bewegte Wogen, Lieblich in der Bräute Locken Rühmt sich mit stolzem Mund: 140. Spielt der jungfräuliche Kranz, Fest, wie der Erde Grund, Wenn die hellen Kirchenglocken Gegen des Unglücks Macht Laden zu des Festes Glanz. Steht mir des Hauses Pracht! Ach, des Lebens schönste Feier Doch mit des Geschickes Mächten Endigt auch den Lebensmai, It kein ew'ger Bund zu flechten, Mit dem Gürtel, mit dem Schleier 100. Und das Unglück schreitet schnell. Reißt der schöne Wahn entzwei. Wohl! nun kann der Guß beginnen, Die Leidenschaft flieht, Schön gezacket ist der Bruch. 615 16. 120