22. Hans im Glücke. Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient; da sprach er zu ihm: „Herr, meine Zeit ist herum, nun wollte ich gern wieder heim zu meiner Mutter; gebt mir meinen Lohn!“ Der Herr antwortete: „Du hast mir treu und ehrlich gedient; wie der Dienst, so soll der Lohn sein,“ und gab ihm ein Stück Gold, das so groß als Hansens Kopf war. Hans zog sein Tüchlein, wickelte den Klumpen hinein, setzte ihn auf die Schulter und machte sich auf den Weg nach Hause. Wie er so dahinging und immer ein Bein vor das andere setzte, kam ihm ein Reiter in die Augen, der frisch und fröhlich auf einem muntern Pferde vorbeitrabte. „Ach,“ sprach Hans ganz laut, „was das Reiten ein schönes Ding ist! Da sitzt einer wie auf einem Stuhl, stößt sich an keinen Stein, spart die Schuhe und kommt fort, er weiß nicht wie.“ Der Reiter, der das gehört hatte, rief ihm zu: „Ei, Hans, warum läufst du auch zu Fuß?“ — „Ach, da muß ich den Klumpen heimtragen; es ist zwar Gold, aber ich kann den Kopf dabei nicht gerade halten, auch drückt mir's auf die Schulter.“ — „Weißt du was?“ sagte der Reiter und hielt an, „wir wollen tauschen; ich gebe dir mein Pferd, und du giebst mir deinen Klumpen.“ — „Von Herzen gern,“ sprach Hans; „aber ich sage Euch, Ihr müßt Euch damit schleppen.“ Der Reiter stieg ab, nahm das Gold und half dem Hans hinauf, gab ihm die Zügel fest in die Hände und sprach: „Wenn's nun recht geschwind gehen soll, so mußt du mit der Zunge schnalzen und hopp, hoppl rufen.“ Hans war seelenfroh, als er auf dem Pferde saß und so frank und frei dahinritt. über ein Weilchen fiels ihm ein, es sollte noch schneller gehen, und er fing an mit der Zunge zu schnalzen und hopp, hopp! zu rufen. Das Pferd setzte sich in starken Trab, und ehe sich es Hans versah, war er abgeworfen und lag in einem Graben, der die Acker von der Landstraße trennte. Das Pferd wäre auch durch— gegangen, wenn es nicht ein Bauer aufgehalten hätte, der des Weges kam und eine Kuh vor sich trieb. Hans suchte seine Glieder zusammen und machte sich wieder auf die Beine. Er war aber verdrießlich und sprach zu dem Bauer: „Es ist ein schlechter Spaß, das Reiten, zumal wenn man auf so eine Mähre gerät wie diese, die springt und einen herabwirft, daß man Hals und Beine brechen kann; ich setze mich nun und nimmermehr wieder auf. Da lob' ich mir Eure Kuh, da 57 C