II. Das Pflanzenreich. 
1. Sehet die Lilien auf dem Felde! 
L. Du schöne Lilie auf dem Feld, 4. Das wäscht mit Tau dein Kleid so rein 
wer hat in solcher Pracht und trocknet's in dem Wind 
dich vor die Augen mir gestellt, und bleicht es in dem Sonnenschein 
wer dich so schon gemacht? und schmückt sein Blumenkind. 
2. Wie trägst du so ein weißes Kleid 5 Du schöne Lilie auf dem Feld, 
mit goldnem Staub besät, in aller deiner Pracht 
daß Salomonis Herrlichkeit bist du zum Vorbild mir gestellt, 
vor deiner nicht bestehtl zum Lehrer mir gemacht. 
8. Gott hob dich aus der Erde Grund. 6 Du schöne Lilie auf dem Feld, 
hat liebend auf dich acht; du kennst den rechten Brauch; 
er sendet dir in stiller Stund' du denlst: Der hohe Herr der Welt 
ein Englein bei der Nacht. versorgt sein Blümchen auch. 
C. J. Ph. Spitta. 
2. Die Herbstzeitlose. 
Im September und Oktober, venn die andern Blumen 
schon verblüht sind, treibt die Zwiebel der Herbstzeitlose meh 
rere glatte, blattlose Stengel mit sechsblätterigen, glockigen 
Blumenhüllen. Diese sind nackt, fleischfarben oder lila; gie stehen 
hübsceh unschuldig da mitten in den schon fahlen Grashälmchen 
der Wiesen und sind so schutzlos dem rauhen Herbstwinde aus- 
gesetat, dab man Mitleid mit den nackten Blumenkindern haben 
mõöchte. Doch hier heibt es recht: Trau, schau, wem. Die 
Herbstzeitlose sient von auben unschuldig aus, aber inwendig 
ist gie voll Gift. die ist jedoeh nicht ohne allen Nutzen; Apothe- 
ker und Irzte gebrauchen den giftigen Saft ihrer Zwiebelknolen 
als ein Heilmittel in mancherlei Krankheiten. 
Gerade diese Knollen sind ganz besonders giftig. Unvor- 
gichtigerweise waren einst solehe ausgegrabene Knoslen auf einen 
Feldweg geworfen worden: von siebrehn Schweinen, welche davon 
frahen, starben fünfgenn noch an demselben Tage. Der Genub 
der frischen Blätter tötet das Vieh ebenfalls. Zwei Kinder hatten 
die runden, dunkelbraunen Samen aus den Rapseln der Zeitlose 
gegessen: sie erbrachen sich heftig, und das eine von ihnen 
starb unter groben Schmerzen, obgleich man ihm viel warme 
Mileh zu trinken gegeben hatte. Ein erwachsenes Mädchen hatte 
auf Anraten eines Quacksalbers drei Blumen der Zeitlose gegessen 
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