102 „Da geschah es nach kurzer Zeit, daß eine gewisse Person auf einmal vier Thaler und sechzehn Groschen in meine Armenbüchse warf. Als ich dieses Geld in die Hände nahm, sagte ich: „Das ist ein ehrlich Kapital; davon muß man etwas Rechtes stiften. Ich will eine Armen— schule damit anfangen!“ — Ich fuhr im Glauben zu und machte noch desselben Tages Anstalt, daß für zwei Thaler Bücher gekauft wurden; auch bestellte ich einen armen Studenten, die verlassenen Kinder täglich zwei Stunden z1 unterweisen.“ „Um Ostern 1696 hat diese Armenschule ihren Anfang genommen; denn die erwähnten vier Thaler und sechzehn Groschen sind der rechte Anfang und das erste Kapitel, woraus nicht allein zuerst die Schule eingerichte sondern auch das Waisenhaus erwachsen ist.“ Und dieses i, dasselbe Waisenhaus, welches noch heute als ein Zeichen und Zeugnis der Gnade Gottes dasteht, in welchem täglich an dreitausend Kinder Unterricht empfangen, arme Waisen erzogen und noch gar viele andere Liebeswerke betrieben werden, also daß man sagen muß: Aus einem Senfkorn ist ein großer Baum geworden, in dessen Zweigen die Vögel des Himmels nisten! — Gott vertraut, wohl gebaut! 2. Ein Künstler. Unser deutsches Vaterland ist von Gott mit Männern gesegnet worden, denen die herrliche Gabe der Musik verliehen war, und die auch keine höhere Freude kannten, als ihrem Herrn im Himmel Lieder im höheren Chor anzustimmen. Unter diesen steht mit oben an Joseh Haydn, der im Jahre 1807 zu Wien als 77 jähriger Greis gestorben in, Sein schönstes Musikwerk ist betitelt: „Die Schöpfung.“ — Einst befand sich Haydn mit anderen berühmten Männern in einer Gesellschaft. Jemand fragte, wie ein Künstler sich wohl am besten wieder stärken könne, wenn die Kraft zur Arbeit ermatten wolle. Einer antwortete, er helfe sich mit einer Flasche Wein; ein anderer äußerte, er suche sich in Gesellschaften wieder aufzumuntern. Als nun Haydn befragt wurde, welches Stärkungsmittel er bei seinen vielen Arbeiten anwende, antwortete er mit aller Bescheidenheit: „In meiner Wohnung habe ich mir ein Kämmerlein als Hauskapelle einrichten lassen; dorthin gohe i) und be, wenn ich mich ermattet fühle, und dieses Mittel hat seine stärkende Wirkung noch niemals bei mir verfehlt.“ — Gott muß schicken, wenn's soll glücken! 3. Ein General. Einer der tapfersten Heerführer Friedrichs des Großen war der alte Zieten, ein echter Ritter ohne Furcht und Tadel, zugleich ein durch und durch frommer Mann. Nie zog er zum Kampfe aus, ohne sich vor dem Herrn der Schlachten in kindlicher Demut gebeugt zu haben; und wie er selbst, so thaten es auch seine Krieger. Einst war davon in Gegenwart des Königs die Rede, und es wurde