— 315 — Anblick! Die Erde dröhnt unter den schweren Hufen ihrer Rosse; wie ein Gewittersturm brausen sie über das Schlachtfeld dahin. Einen Augen— blick nur stutzen unsere Regimenter; dann aber knattert es plötzlich von allen Seiten hinter den Rebenspalieren und Hopfenstangen; ein furchtbares, mörderisches Schnellfeuer aus nächster Nähe streckt die fränkischen Reiter nieder. Alles stürzt durcheinander. In kurzer Zeit sind zwei stolze Kürassierregimeter auseinandergesprengt und vernichiet. Es war Mac Mahons letzter Versuch, der Schlacht eine günstige Wendung zu geben. Die Folgen der doppelten Umgehung werden immer fühlbarer, und in der Front dringen die tapferen Truppen des V. und XL Korps in siegreichem Sturme vorwärts; der Kronprinz selbst verläßt die Anhöhe, von wo er bisher die Schlacht geleitet, und sprengt in das vorderste Treffen. „Hurra!“ ertönt es von allen Seiten. „Da packt den Franzmann kalter Graus, er flieht in alle Welt hinaus.“ Deutschland hatte einen herrlichen Sieg errungen. 36 Kanonen, 2 Adler, 6 Mitrailleusen, das kostbare Feldherrnzelt Mac Mahons und eine Kriegskasse mit einem Barinhalte von 220000 Frank (176000 Mark) in Gold wurden erbeutet, 10000 Franzosen gefangen genommen. Obgleich Deutschland auch schwere Verluste zu beklagen hatte, so erregte doch dieser erste große Sieg, der gemeinsam von Suͤd⸗ und Nord deutschen errungen war, mit Recht den lautesten Jubel; er befreite Süd— deutschland von der Gefahr, voin Feinde besetzt zu werden, und öffnete unseren Truppen die Pässe in das südliche Elsaß. Vrulunlich. 254. Der 14., 16. und 18. August im Jahre 1870. Auch auf dem rechten Flügel unserer Heere wurde am 6. August bei Saarbrücken und Forbach ein herrlicher Sieg errungen, wobei namentlich der Sturm aus die befestigten steilen Höhen von Spicheren, die von den Franzosen für uneinnehmbar gehaͤlten wurden, zu den glänzendsten Waffenthaten aller Zeiten gehört. So waren beide Flügel des französischen Heeres geschlagen; ein ungeheurer Schrecken kam uͤber das französische Volk, das sich in seiner Eitelleit für unbesiegbar gehalten hatte. Unter dem Angstrufe: „Die Preußen kommen!“ verließen zahlreiche Familien Haus und Hof und flüchteten. Napoleon legte den ruhmlos geführten Oberbefehl nieder, und der Marschall Bazäine trat an die Spitze der an 250000 Mann starken Streitmacht. Bazaine beschloß, sich nach Westen zurückzuziehen, um sich mit den bei Chalons unter Mac Mahou gesammelten Truppen zu vereinigen. Dies zu verhindern, war jetzt die Hauptaufgabe der deutschen Heerführung. Prinz Friedrich Karl erhielt die wichtige, aber schwierige Aufgabe, mit seiner Armee drei Meilen südlich von Metz die Mosel zu überschreiten und den auf der Straße von Metz nach Verdun ziehenden Franzosen in die Flanke zu fallen. Um diesen Zweck zu erreichen, mußte die östlich von Metz stehende Nachhut angegriffen und dadurch der Abzug der Haupt⸗ armee wenigstens um einen Tag verzögert werden. So kam es am 14. August zu der blutigen und für die deutschen Waffen siegreichen Schlacht bei Courcelles. Infolgedessen konnte Bazaine erst am 15. August nach