19. Der kleine Friedensbote. Der kleine Iriedensbote. Ein Gerber und ein Bäcker waren einmal Nachbarn und die gelbe und die weiße Schürze vertrugen sich aufs beste. Wenn dem Gerber ein Kind geboren wurde, hob es der Bäcker aus der Taufe, und wenn der Bäcker in seinem großen Obst— garten an die Stelle eines ausgedienten Invaliden eines Re— kruten bedurfte, ging der Gerber in seine schöne Baumschule und hob den schönsten Mann aus, den er darin hatte, eine Pflaume oder einen Apfel oder eine Birne oder eine Kirsche, je nachdem er auf diesen oder jenen Posten, auf einen fetten oder magern Platz gestellt werden sollte. An Ostern, an Mar— tini und am heiligen Abend kam die Bäckerin, die keine Kinder hatte, immer einen großen Korb unter den Arme, zu den Nachbarsleuten herüber und teilte unter die Paten aus, was ihr der Hase oder der gute Märtel oder gar das Christkindlein selbst unter die schneeweiße Serviette gelegt hatte. Je mehr sich die Kindlein über die reichen Spenden freuten, desto näher rückten sich die Herzen der beiden Weiber und man brauchte keine Zigeunerin zu sein um aus dem Satz in ihren Kaffeeschalen zu prophezeien, daß sie einander immer gut bleiben würden. Aber ihre Männer hatten ein jeglicher einen Hund, der Gerber als Jagdliebhaber einen großen, braunen Feldmann und der Bäcker einen kleinen, schneeweißen Mordax. Beide meinten die besten und schönsten Tiere in ihrem Geschlechte zu haben. Und da geschah es denn eines Tages, daß Mordax ein Kalbsknöchlein gegen den Feldmann behauptete; denn er hatte wahrscheinlich vergessen, daß es nicht gut sei einem großen Herrn etwas abzuschlagen. Vom Knurren kam es zum Beißen und ehe sich der Bäcker von seiner grünen Bank vor dem Hause erheben konnte, lag sein Hündlein mit zermalmtem Genicke vor ihm und der Feldmann lief mit dem eroberten Knochen und mit eingezogenem Schweife davon. Sehr ergrimmt und entrüstet, warf der Herr des Ermor— deten dem Raubmörder einen gewaltigen Stein nach. Aber was half's? Die Handgranate flog nicht dem Hunde an den Kopf sondern dessen Besitzer durch das Fenster mitten auf den Tisch, an dem er gerade die „Augsburger“ las, und machte in den „Wiener Kongreß“ ein Loch. Ohne zu fragen, woher der Schuß gekommen sei, riß der Gerber den zertrümmerten Fen— sterflügel auf und fing an zu schimpfen. Der Nachbar in der —25 —