12 Hos hinab, um Abschied von seinem Tiere zu nehmen. Er murmelt ihm einige arabische Worte ins Ohr, streicht ihm über Stirn und Augen, untersucht die Hufe und schreitet bedächtig und musternd rings um das aufmerksame Tier. Plötzlich, ehe noch ein anderer es ahnt, schwingt er sich auf den nackten Rücken des Pferdes, das nun augenblicklich zum Hose hinausschießt. In der Regel stehen bei den Morgenländern die Pferde Tag und Nacht angeschirrt, mit dem Sattel aus Filzdecken ans dem Rücken. Jeder vornehme Mann hat wenigstens einen oder zwei Nenner im Stalle bereit, die der Reiter nur noch zu zäumen braucht. Tie Araber der Wüste jedoch reiten ganz ohne Zaum, indem der Halsterstrick genügt, um das Pferd anzuhalten, und ein leiser Schlag mit der flachen Hand aus den Hals es beliebig links oder rechts lenkt. So dauerte es nur we¬ nige Augenblicke, da saßen die Agas des Paschas im Sattel und jagten dem Flüchtlinge nach. Der unbeschlagene Huf des arabischen Rosses hatte noch nie ein Steinpflaster betreten; es mußte also mit Vorsicht den holprichten, steilen Weg vom Schlosse hinuntereilcn. Am Ausgange des Ortes hatten denn auch die Agas den Scheich beinahe ereilt. Aber jetzt sind sie in der Ebene, der Araber ist in seinem Elemente und jagt fort in gerader Richtung, unermüdlich, unerreichbar, denn hier hemmen weder Gräben noch Hecken, weder Flüsse noch Berge seinen Lauf. Einem geübten Jockey gleich, der die Spitze des Wettrennens fiihrt, kommt es dem Scheich darauf an, nicht so schnell, sondern so langsam wie möglich zu reiten. Indem er beständig nach seinen Verfolgern umblickt, hält er sich aus Schußweite von ihnen entfernt. Dringen sie aus ihn ein, so beschleunigt er seine Flucht; bleiben sie zurück, so hemmt er den Laus seines Tieres; halten sie an, so reitet er Schritt. In dieser Weise geht die Jagd fort, bis die gliihende Sonnenscheibe sich gegen Abend senkt. Da erst nimi'nt der Scheich alle Kräfte seines Rosses in Anspruch; er lehnt sich vorn über, stößt die Fersen in die Flanken des Tieres und schießt mit einem lauten Geschrei davon. Ter feste Rasen erdröhnt unter dem Stampfen der kräftigen Hufe, und bald zeigt nur noch eine fern aufwirbelnde Dampf- und Staubwolke den Verfolgern >die Rich- an, in welcher der Araber entrann. Im Orient, wo die Sonne fast lotrecht unter den Horizont hinab¬ sinkt, ist die Dämmerung äußerst kurz, und die Nacht verdeckte also bald jede Spur des Beduinen. Die Türken, ohne Lebensmittel für sich, ohne Wasser für ihre Pferde, waren wohl zwölf bis fünfzehn Stunden von ihrer Heimat entfernt und in einer ihnen ganz unbekannten Gegend. Was war zu tun, als umzukehren und dem erzürnten Herrn die un¬ willkommene Botschaft zu bringen, daß Roß und Reiter und Geld verloren seien! Erst am dritten Abend trafen sie, halb tot vor Er¬ schöpfung und Hunger, mit Pferden, die sich kaum noch fortschleppten,