12 ohnmächtig sank er zusammen, und lange lag er bewußtlos da Darüber erschrak Kriemhild so, daß auch ihr die Sinne vergingen und sie wie eine Todte neben dem Helden lag. Endlich nach langer Zeit schlug Siegfried die Augen auf; als er aber die Jungfrau wie todt neben sich sah, brach er in laute Klagen aus und rief? „O weh mir, daß ich dies erleben soll! Die ich in Freuden ihrem Vater wieder heimführen wollte, die muß ich nun todt ihm bringen? Des werd' ich ewig klagen müssen.“ Das hörte der Zwerg Eugel, der sich inzwischen, wie es stille auf dem Felsen geworden war, wieder herangewagt hatte. Schnell kam er herbei und sagte: Sei nur getrost! ich will der Jungfrau ein Kraut eingeben, daß sie bald wieder gesund wird.“ So that er, und alsbald schlug sie die Augen wieder auf. Da fiel sie freudenvoll ihrem Retter Siegfried um den Hals und küßte ihn auf den Mund. Eugel aber sprach: „Du hast uns Zwerge von dem bösen Riesen, dem wir dienen mußten, befreit; dafür wollen wir nun auch dir dienen und dir helfen, wo wir können.“ Darnach führte er Siegfried und Kriemhild in seine Wohnung, und hier erholten sie sich bei Etlichen Speisen und Getränken vollends von den überstaͤndenen Mühen und Aengsten. Dann nahmen sie Ab— schied von dem guten Zwerg, um gen Worms zu reiten; denn sein treues Roß fand Siegfried noch unten am Fuße des Berges. Als sie aber eine kurze Strecke geritten waren, fiel Siegfried ein, daß der Schatz, den er im Berge gesehen hatte, ihm als dem Besteger des Drachen gehöre; denn er wußte ja nicht, daß es der Hort der Nibelungen, des guten Zwergvolkes, sei. So ritt er zurück und lud den Schatz auf sein Roß Den selbe brachte ihm aber kein Gluck. Am Hofe zu Worms wurden nun Siegfried und Kriemhild mit großen Freuden empfangen, und bald ward ihre Vermählung mit aller Pracht gefeiert. Es war ein herrliches Königspaar, und sie regierten mit großer Weisheit und Ge— rechtigkeit; mit ihrem Golde linderten sie, wo sie konnten, jede Noth der Armut Aber ihr großes Glück erregte bald den Neid von Kriemhildens Brüdern Sie stifteten den grimmigen und düsteren Hagen an, Siegfried zu ermorden Einst forderte Hagen ihn auf, mit ihm einen Wettlauf zu machen; Siegfried kam zuerst an das Ziel, einen kühlen Brunnen im Walde, und da er sich bückte, um zu trinken, durchbohrte ihn hinterrücks der böse Hagen an der ein zigen Stelle, zwischen den Schultern, wo er verwundbar war. So endete der herrliche Siegfried Den Nibelungenschatz aber versenkte Hagen heimlich in den Rhein; an dessen Grunde soll er noch heutzutage liegen. 7. Der Zaunkönig und der Bär. (Märchen. — Brüder Grimm.) Zur Sommerszeit gingen einmal der Bär und der Wolf im Wald spazieren, da hörte der Bär so schönen Gesang von einem Vogel und sprach: „Bruder Wolf, was ist das für ein Vogel, der so schön singt?“ „Das ist der König der Vögel,“ sagte der Wolf, vor dem müssen wir uns neigen;“ es war aber der Zaunkönig Wenn das ist,“ sagte der Bär, „möchte ich auch gern seinen königlichen Palast sehen, komm und führ mich hin.“ Das geht nicht so, wie du meinst,“ sprach der Wolf, du mußt warten, bis die Frau Königin kommt. Bald darauf kam die Frau Königin und hatte Futter im Schnabel, und der Herr König auch, und wollten ihre Jungen ätzen Der Bär wäre gerne nun gleich hinterdrein gegangen, aber der Wolf hielt ihn am Aermel und sagte