99 * 30. Die Frösche. (Goethe.) Ein großer Teich war zugefroren, die Fröschlein in der Tiefe verloren, durflen nicht ferner quaken noch s pringen, bersprachen sich aber, im halben Traum, fänden sie nur da oben Raum, wie Nachtigallen wollten sie singen Der Thaͤuwind kam, das Eis zerschmolz nun ruderten sie und landeten stolz und saßen am Ufer weit und breit und quakten wie vor alter Zeit. 31. Wanderlust. (Geibel.) Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus vie die Wolken wandern am himmlischen Zelt, so steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt Herr Vater! Frau Mutter! daß Gott euch behüt! War weiß, wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht. Es gibt so manche Straße, da nimmer ich marschirt, es gibt so manchen Wein den ich nimmer noch probirt. Frisch auf drum, frisch auf im hellen Sonnenstrahl, wohl über die Berge, wohl durch das tiefe Thal; die Quellen erklingen, die Bäume rauschen all, mein Herz ist wie ne Lerche und stimmet ein mit Schall. Und find ich keine Herberg, so lieg ich zu Nacht wohl unter blauem Himmel, die Sterne halten Wacht; n Winde die Linde die rauscht mich ein gemach, es küsset in der Früh das Morgenroth mich wach. S Wandern, o Wandern, du freie Burschenlust! Da wehet Gottes Odem so frisch in die Brust; da singet und jauchzet das Herz zum Himmelszelt Wie bist du doch so schön, o du weite, weite Welt! 32. Der Bote im Junius. Claudius.) Aber die Lenzgestalt der Natur ist doch wunderschön! Wenn der Dorn— strauch blüht, und die Erde mit Gras und Blumen pranget! So ein heller Dezembertag ist auch wohl schön und dankenswerth, wenn Berg und Thal in Schnee gekleidet sind und uns Boten in der Morgenstunde der Bart reift; über die Lenzgestalt der Natur ist doch wunderschön! Und der Wald hat Blater, und der Vogel singt, und die Saat schießt Aehren, und dort hängt die Wolke mit dem Bogen vom Himmel, und der fruchtbare Regen rauscht herab! Wach auf, mein Herz, und singe dem Schöpfer aller Dinge — s ist, als ob Er vorüber wandle, und die Natur habe Sein Kommen von ferne gefühlt, und stehe bescheiden am Weg in ihrem Feierkleide und frohlocke! Gabrielu. Supprian, Lesebuch. II.