1. Habe Gott vor Augen und im Herzen! 125 110. Wandrung ins Leben. Wenn du aus dem Vaterhause oder aus dem Hause deines Lehrmeisters die erste Wandrung in die Welt antrittst, so machst du es wie der Vogel, der aus dem Käfig entwischt ist. Er schüttelt sich und rüttelt sich, als wolle er den Staub von den Federn wegwischen. Dann stimmt er sein Lied⸗ lein an, und nun geht es fort ins Freie. Auf seinem luftigen Fluge kann er ebenso leicht in die Klauen eines Habichts geraten wie zu seinesgleichen, die ihn zum Wasserquell und zur Futterstätte führen. — So kann es dir in der Fremde auch gehen. Der Habichte gibt es viele, die wie Tauben aussehen. Darum beherzige, wenn du wandern willst, den Spruch: Geh ohne Stab nicht durch den Schnee und ohne Steuer nicht zur See! Geh ohn' Gebet und Gottes Wort niemals aus deinem Hause fort! Wer ohne Stab auf unbekanntem Wege durch den Schnee geht, der kann leicht ausgleiten und fallen. Wer ohne Steuer in die See fährt, der wird mit seinem Schiffe von Wind und Wellen umhergetrieben, verfehlt sein Ziel und verunglückt wohl gar in der Tiefe. Der Spruch meint aber nicht den eigentlichen Schnee und das eigentliche Meer, sondern das Leben in der Welt. Da gerät auch mancher auf Wege, an denen das Verderben lauert; er fällt von einer Sünde in die andre und wird elend an Leib und Seele wie der verlorene Sohn. Er vergißt sein Vaterhaus und das Ziel seiner himmlischen Berufung. Darum mahnt das Sprüchlein an einen kräftigen Stab und an ein sicheres Steuerruder; es sagt: Geh ohn' Gebet und Gottes Wort niemals aus deinem Hause fort! Das Gebet und Gottes Wort sind für jeden in der Fremde ein Stab und ein Steuer⸗ ruder. Das Gebet ist für ihn ein Stab. Wenn er Not leidet, wenn er sich einsam und verlassen fühlt, wenn sein Mut und seine Kraft ihn verlassen; dann hilft ein Gebet zu Gott, der unser Helfer und Begleiter ist. Das gibt Hoffnung, die nicht zu Schanden werden läßt. Das Wort Gottes ist äin Steuerruder, das dem Leben Richtung gibt. Wenn die Versuchung dich auf Abwege führen will, dann ruft es dir zu: „Wandle vor mir und sei fromm!“ Wenn dein Herz sich der Lust dieser Welt zuwendet, dann mahnet es: „Habe nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist!“ — Gehst du mit dem Gebet und mit Gottes Wort aus dem Hause, so geht mit dir, wie mit dem jungen Tobias, ein leitender Engel Gottes. Gehst du mit dem Gebet und mit Gottes Wort aus deinem Vaterhause, so ist es dir, als ginge das Vaterhaus überall mit dir; kein Heimweh kommt in deine Seele und kein Verzagen, kein Wanken und Schwanken in dem, was 12