103 Medina an der Spitze und vor den Augen einer zahlreichen An¬ hängerschaft, welche auch die kleinsten Züge von ihm aufzubewahren und den Nachkommen mitzutheilen suchte. Dagegen hatte er vor¬ her in Mekka nur einer kleinen Gemeinde vorgestanden und keine grossen Thaten vollführt; daher sind die Nachrichten über diesen Zeitraum viel dürftiger. Aus der Zeit, wo er noch nicht als Pro¬ phet aufgetreten war, haben wir nur sehr wenige sichere Angaben über ihn. Die Sage füllt hier die Lücken der Überlieferung aus, und seine Kindheits- und Jugendgeschichte ist nach und nach ganz märchenhaft ausgeschmückt. Muhammed war um das Jahr 570 in Mekka, einer Stadt in Arabien, geboren, wo schon lange ein Heiligthum bestand, von seiner Gestalt Alkaaba, d. h. der Würfel, genannt, welches von einem grossen Theile der arabischen Stämme hoch verehrt ward. Die Pilgerfahrten, welche nach der Kaaba gingen, führten jährlich eine Menge Menschen hier zusammen, und es entwickelte sich dadurch ein starker Handelsverkehr. Muhammed’s Familie war zwar mit den angesehensten Geschlechtern verwandt, nahm aber selbst keinen hohen Rang ein und war im Ganzen ohne Vermögen. Muhammed war der Sohn Abdallah’s und der Amina. Sein Vater war kurz vor oder kurz nach seiner Geburt gestorben. Auch seine Mutter starb auf der Rückreise von Medina, wohin sie den etwa sechs¬ jährigen Knaben mit sich genommen hatte. Der arme Waisenknabe wurde von seinem Grossvater und,, als auch dieser starb, von seinem edlen Oheim Abu Talib aufgenommen. Dieser nahm sich des Sohnes seines Bruders bis zu seinem Tode zärtlich an, aber da er selbst arm war, konnte er ihn nicht hinlänglich ernähren. Früh¬ zeitig musste er sich daher selbst seinen Unterhalt gewinnen, in¬ dem er für einen kärglichen- Lohn Schafe hütete. Als Jüngling finden wir dann Muhammed wieder als untergeordneten Begleiter einer Handelskarawane, mit der er nach Syrien und mit allerlei Mönchen, Einsiedlern und jüdischen Rabbinen zusammengekommen sein soll. Als er 25 Jahre alt war, änderten sich seine Vermögens¬ umstände auf einmal gänzlich durch seine Verheirathung mit der reichen, schon zweimal verwittweten Chadidscha, in deren Dienst er vorher gestanden hatte. Das eheliche Verhältnis zwischen dem jungen Mann und der schon ziemlich bejahrten Frau war ein sehr glückliches, und mehrere Kinder belebten das Haus, in welches Muhammed auch Ali, den Sohn seines Oheims Abu Talib, der seine zahlreiche Familie nur schwer zu ernähren vermochte, aufnahm. Gegen sein vierzigstes Jahr trug sich, wir wissen nicht, auf welche Weise, in ihm eine gewaltige Umwälzung zu und machte ihn zum Propheten und Religionsstifter. Muhammed war bis dahin Heide gewesen, aber es hatten sich schon damals einige Mekkaner vom Götzendienste losgesagt. Auch Juden kamen des Handels wegen mehrfach nach Mekka, und es ist sicher, dass sich Muham¬ med mit ihnen angelegentlich über ihre Religion unterhielt. Auch