105 daher alle Gläubigen auf, dorthin zu fliehen. Ungefähr 100 Männer nebst einer Anzahl von Weibern und Kindern wanderten nach und nach aus. Zuletzt machte sich auch Muhammed mit Abu Bekr heimlich davon. Sie giengen, um die Aufmerksamkeit zu täuschen, erst nach Süden zu und hielten sich hier einige Tage in einer Höhle auf, wohin ihnen heimlich Nahrung geschafft wurde. Dann erst zogen sie fort nach der neuen Heimat. Im Sommer des Jahres 622 kamen die beiden schon lange sehnsüchtig Erwarteten in dem Orte Kuba, nicht weit von Jathrib an. Dies ist die Hidschra oder Flucht, von der die Muslime ihre Jahre zählen. Jathrib aber erhielt nun den Namen Medinat annabi, „Stadt des Propheten“, oder Almedina, „die Stadt“. Nun hatte Muhammed nicht bloss einen sichern Aufenthalt, sondern ei* stand jetzt an der Spitze einer kriegerischen Gemeinde. In der ersten Zeit hatte er viel mit der ersten Einrichtung der Gemeinde zu thun. Er war nach Medina mit grossen Hoffnungen auf die Juden gekommen, meinte, dass zwischen seiner und ihrer Religion kein grosser Unterschied bestände und hoffte daher, dass sie ihn als Prophet anerkennen würden. Um sie sicher zu gewinnen, nahm er von ihnen einige religiöse Einrichtungen an, merkte aber bald, dass er sich in seinen Hoffnungen auf ihre Bekehrung ge¬ täuscht hatte. Über fünfzig Jahre war der Prophet alt geworden, ohne je mehr als eine Frau gehabt zu haben; in seinen letzten zehn Jahren mehrte sich aber die Zahl seiner Weiber von Jahr zu Jahr. Er wurde ihnen immer leidenschaftlicher ergeben und ihr Einfluss machte sich auch in seiner Geschichte bemerklich. Bis an sein Ende führte Muhammed fortwährend Kriege zur Züchtigung der ihm widerstrebenden Stämme und zur gewaltsamen Ausbreitung seiner Religion. Auch Mekka nahm er 629 ein, und als Muhammed starb, gab es nur wenige Bewohner des eigentlichen Arabiens, welche seine Herrschaft nicht anerkannten. Noch zuletzt ordnete er einen grossen Kriegszug gegen das griechische Reich, wurde aber Ende April 632 krank und starb den 8. Juni desselben Jahres. Muhammed’s Offenbarungen sind in dem Koran, „Vorlesung“, in 114 Suren, „Abschnitten“, gesammelt. Die wesentlichsten Züge der von ihm verkündigten Glaubenslehren sind ziemlich einfach. Es ist nur ein Gott, der Schöpfer und Erhalter der Welt. Er be¬ stimmt alles, und dem Menschen bleibt nichts übrig, als sich blind in seinen Willen zu ergeben. Daher der Name „Islam“, d. h. Er¬ gebung (in Gottes Willen) und „Muslim“, d. h. der, welcher sich ergibt. Wenn der Mensch den rechten Glauben hat und recht handelt, soll er selig werden. Die Strafen für die Sünden und die Belohnungen der Frommen sind stufenweise verschieden. Gott hat nach und nach viele Propheten an die Menschen geschickt, um diese zur Bekehrung aufzufordern. Der Prophet, der vor Muhammed hergieng, war Jesus, grösser als alle seine Vorgänger. Bis Muham¬ med erschien, war es Pflicht, seiner Lehre anzugehören, und die