184 sie dieselbe umarmte. Aber Hartmut ward in Ketten geworfen, und erst nach einigen Tagen erreichten die Frauen durch vereinigte Bitten soviel von der Königin, daß er frei am Hofe umhergehen durfte. Bald folgte nun die fröhliche Vermählung Herwig's und Gudrun's. Beim festlichen Mahle nahm die glückliche Braut, die gern alles um sich her beglücken wollte, ihren Bruder bei Seite und stellte ihm vor, wie wohl er berathen wäre, wenn er die liebliche Ortrun zum Weibe nähme. Gern willigte er ein, und auch Ortrun sagte freudig zitternd Ja. Zwar sträubte sich noch die strenge Hilde dagegen, aber endlich überredeten Herwig und Frute sie. So ward aller Haß versöhnet. Der greise Horand aber sang an diesem Tage seine schönsten Lieder und Weisen. Nach d°m B°irsb»ch-. 139. Gudruns Klage. 1. Nun geht in grauer Frühe Ter scharfe Märzenwind, Und meiner Qual und Mühe Ein neuer Tag beginnt. Ich wall' hinab zum Strande Durch Reif und Dornen hin, Zu waschen die Gewände Der grimmen Königin. 2. Das Meer ist tief und herbe, Doch tiefer ist die Pein, Von Freund und Heimatscrbe Allzeit geschieden sein; Doch herber ist's, zu dienen In fremder Mägde Schar, Und hat mir einst geschienen Tie güldne Krön' im Haar. 3. Mir ward kein guter Morgen Seit ich dem Feind verfiel, Mein' Speis' und Trank sind Sorgen Und Kummer mein Gespiel. Doch berg' ich meine Thränen In stolzer Einsamkeit; Am Strand den wilden Schwänen Allein sing' ich mein Leid. 4. Kein Dräuen soll mir beugen Den hochgemuthen Sinn; Ansduldend will ich zeugen, Von welcheni Stamm ich bin. Und so sie hold gebahren, Wie Spinnweb acht' ich's nur; Ich will getreu bewahren Mein Herz und meinen Schwur. 5- O Ortwin, trauter Bruder, O Herwig, Buhle werth, Was rauscht nicht euer Ruder, Was klingt nicht euer Schwert! Umsonst zur Meereswüste Hinspäh' ich jede Stund'; Doch naht sich dieser Küste Kein Wimpel, das mir kund. 6. Ich weiß es: nicht vergessen Habt ihr der armen Maid; Doch ist nur kurz gemessen Dem steten Gram die Zeit. Wohl kommt ihr einst, zu sühnen; Zu retten, ach, zu spät, Wann schon der Sand der Dünen Um meinen Hügel weht. 7. Es dröhnt mit dumpfem Schlage Die Brandung in mein Wort; Der Sturm zerreißt die Klage Und trägt beschwingt sie fort. O möcht' er brausend schweben Und geben euch Bericht: „Wohl lass' ich hier das Leben, Die Treue last' ich nicht!" G-ibel. 149. Die Rache. 1. Der Knecht hat erstochen den edlen Herrn; Der Knecht wär' selber der Ritter gern. 2. Er hat ihn erstochen im dunklen Hain Und den Leib versenket im tiefen Rhein.