2 07 langgestreckte Karmel; im Osten die den Sec Genezareth umwallenden Höhen¬ züge; dann in nächster Nähe der anmnthigc Tabor und ein Theil des kleinen» Hermon; in weitester Ferne aber die königliche Gestalt des großen Hermon. Zur linken dämmerte das Mittelmeer herüber, und ringsum lagerte sich die, zwar jetzt von allem natürlichen Grün entblößte, aber dafür im Immer¬ grün glorreicher Erinnerungen prangende Ebene Jesreel, von deren nördlichem Ende in einer Entfernung von etwa drei Stunden Kanah-el-Djelil herdäm¬ merte, — in aller Wahrscheinlichkeit jenes Kana in Galiläa, wo der Herr zum ersten Male feine Herrlichkeit offenbarte. Dicht zu unseren Füßen endlich lag tief unten im Felsbeckcn wie eingeschmiegt Nazareth, ein wahres „Veilchen Galiläas"; einzelne Öl- und Feigenbäume aber, und hier und da auch ein von dichtem Cactus eingehegter Garten belebten die grauen Wände des Felscnbeckens, während würzige Kräuter uns in nächster Nähe süß umdufteten. K.Graul. 153. Beim Lesen der heiligen Schrift. Immer muß ich wieder lesen In dem alten heil'gen Buch, Wie der Herr so sanft gewesen, Ohne Arg und ohne Trug. Wie er hieß die Kindlein kommen, Wie er hold auf sie geblickt, Und sie in den Arm genommen Und an seine Brust gedrückt. Wie er Hülfe und Erbarmen Allen Kranken gern bewies Und die Blinden und die Armen Seine lieben Brüder hieß. Wie er keineni Sünder wehrte, Der mit Reue zu ihm kam, Wie er freundlich ihn bekehrte, Ihm den Tod vom Herzen nahm. Immer muß ich wieder lesen, Les' und weine mich nicht satt, Wie der Herr so treu gewesen, Wie er uns geliebet hat. Hat die Herde mild geleitet, Die sein Vater ihm verstehn; Hat die Arme ausgebreitet, Alle an sein Herz zu ziehn. Laß mich knien zu deinen Füßen, Herr, die Liebe bricht mein Herz: - Laß in Thränen mich zerfließen, Untergehn in Wonn' und Schmerz! L. Hensel. 154. Der See Genezareth. Dieser freundliche Landsee, welcher auch der galiläische oder der See von Tiberias genannt wird, ist drei Meilen lang und bis zu anderthalb Meilen breit. Er bildet eine der anmutig¬ sten Gegenden des heiligen Landes. Der runde Spiegel seines dunkelblauen Gewässers blickt klar und glänzend zwischen den Bergen hervor; darum nennt ihn der bildersinnige Morgenländer „das Auge der Gegend“. Im Süden, wie im Norden begrenzen ihn fruchtbare Ebenen; im Osten und Westen dagegen umschliessen ihn Hügel und Berge von schönen Formen; aus ihren steilen, maleri¬ schen Schluchten treten rasche Bäche hervor und ergiessen sich in das Becken des „Meeres von Galiläa“. Zuweilen bringen jäh aus diesen Bergen hervorbrechende Zugwinde und Windwirbel das fried¬ liche Gewässer mit der Gewalt des schweizerischen Lohns in wilden