368 1 Sei tausendmal willkommen, Du theure, werthe Friedensgab'! Jetzt sehn wir, was für Frommen Dem Beiunswohnen in sich hab'. In dich hat Gott versenket All unser Glück und Heil; Wer dich betrübt und kränket, Der drückt ihm selbst den Pfeil Des Herzleids in das Herze Und löscht aus Unverstand Die güldne Freudenkerze Mit jeiner eignen Hand. Das drückt uns niemand besser In unsre Seel' und Herz hinein, Als ihr zerstörten Schlösser Und Städte voller Schutt und Stein; Ihr vormals schönen Felder Mit frischer Saat bestreut, Jetzt aber lauter Wälder Und dürre wüste Heid', Ihr Gräber voller Leichen Und tapfrem Heldenschweiß Der Helden, deren gleichen Auf Erden man nicht weiß. P. Gerhardt. 281. Die Seerose. Reich bedacht von der Sage ist die Seerose (Nymphaea alba), die mit ihren schwimmenden, von einem reichen Blätterkranze um¬ gebenen, stark und lieblich duftenden, weissen Blüten stets einen malerischen Anblick gewährt. Die Seerose oder Nixblume ist der Sage nach eine verwandelte Seejungfrau, die um Mitternacht als weisse Elfe auf dem Wasserspiegel tanzt; und unter den breiten Blättern der Pflanze versteckt sich der lauernde Nix. Die Blätter selbst dienen aber den Elfen und andern kleinen Elementargeistern als Schiffe und Brücken, auf denen sie bei Mondschein und stiller Luft über die weiten Fluten gleiten. So schön die Seerose ist, so war sie doch von jeher dem Menschen unheimlich, denn gar manche, welche die Blume holen wollten, ertranken, oder wurden j von den langen Stengeln derselben umstrickt und so lange unter i dem Wasser festgehalten, bis sie erstickten. Daher empfand man fast überall eine Scheu vor ihr und warnte besonders die Kinder vor derselben. Die weisse Farbe derselben deute auf Keuschheit, deshalb sah man auch im Samen ein kräftiges Mittel gegen die Liebe. Aber Blume und Same, vom bösen Nickus eifersüchtig bewacht, waren nur mit grosser Vorsicht zu holen, denn die Blume musste man zuerst freundlich besprechen, sie durfte nur mit der Hand gepflückt und. nie mit einem Messer geschnitten werden, sonst floss Blut aus dem Stengel, und der Frevler wurde lange Zeit von bösen Träumen geplagt, oder gar von einer dunklen Gestalt in die schaurige Tiefe hinabgezogen; und wer ganz sicher sein wollte, musste sich —•