498 Willst du von dieser Kraft eine ganz kleine Probe haben, so reibe die Siegellackstange auf deinem Rockärmel, lege ein kleines Stücklein Papier auf den Tisch und halte den Siegellack daran, so wird das Pa¬ pierchen hinanspringen und daran hängen bleiben. Reibe im Dunkeln das Fell von der ersten besten Katze gegen den Strich, und kleine Feuerfunken, es sind kleine Blitze, fahren knisternd heraus. Was ist das für eine Kraft? Ja, nennen will ich sie dir, wie man den Namen von einem Menschen, der vorüber geht, nennt. Wie man aber nicht weiß, was er alles im Herzen stecken hat, so weiß man auch von dieser Kraft nicht, was sie eigentlich ist. Schon vor mehreren tausend Jahren entdeckten die alten Griechen am Bernstein die Kraft, leichte Gegenstände anzuziehen, wenn man ihn durch Reiben warm gemacht hatte, und weil sie den Bernstein in ihrer Sprache Elektron nannten, so gaben sie auch der Eigenschaft desselben, leichte Körper anzuziehen, hiernach den Namen, und so nennen wir sie noch heute Elektricität, und die Körper, die diese Kraft in sich haben, elektrisch. Solche Elektricität erzeugt sich auch in den Wolken. Es bilden sich jene dunkeln, blauen Wolken, an denen wir erkennen, daß ein Gewitter heraufzieht. Die angesammelte Elektricität strömt aus, und wir sehen den das Auge blendenden Feuerstrahl, den Blitz, hernieder¬ fahren. — Was ist denn nun aber der Donner beim Blitze? Der elektrische Funke, der Blitz, fährt mit ungeheurer Schnelligkeit und Kraft durch die Luft und dadurch entsteht der Donner. Das Klatschen mit der Peitsche, der Knall beim Schießen aus der Kanone entsteht ganz ähnlich wie der Donner durch eine schnelle Bewegung der Luft. Denke nur an das Heulen des Sturmes! Mügge. 401. Nutzen chemischer Kenntnisse. Jedermann weiss, dass ein Stück Eisen sich beim Ausglühen in Hammerschlag, beim Liegen in feuchter Luft oder Erde aber in Rost verwandelt, dass der ausgepresste Saft der Weintrauben nach und nach zu Wein wird und dieser wieder zu Essig, dass Holz in einem Ofen oder Öl in einer Lampe beim Verbrennen verschwindet, dass Thier- und Pflanzenstoffe mit der Zeit verderben, zerfallen und endlich gleichfalls verschwinden. Hammerschlag und Rost sind verändertes Eisen. Das Eisen ist hart, zähe, grauweiss und glänzend; in der Glühhitze wird es unter Gewichtsvermehrung schwarz, matt und brüchig, in feuchter Luft braungelb und pulverig. Der Wein ist veränderter Most. Von dem süssen Geschmack, den der Traubensaft besass, ist an ihm nichts mehr wahrzunehmen; er schmeckt geistig, besitzt eine erwärmende und berauschende Kraft, die in dem Most nicht vorhanden war. Der Essig ist veränderter Wein; er schmeckt und riecht sauer statt geistig und sein Genuss wirkt nicht berauschend, sondern kühlend und niederschlagend. Das bei der Verbrennung verschwundene Holz oder Öl müssen wir in der Luft suchen; denn beide Stoffe verwandeln sich beim Ver¬ brennen in Luftarten. Bei dieser Verwandlung wird zugleich