522 Da fieng nun die Berühmtheit dieses Wundermittels erst recht an. Bereits im Jahre 1586 brachten englische Colonisten den Tabak bloß des Rauchens wegen aus Virginien nach England; die gebildeten Weißen hatten von den indianischen Wilden die Unsitte angenommen, die sich schnell als Mode verbreitete, zuerst in England, dann in Holland, Por¬ tugal, Spanien und Frankreich. Nach Holland kam das Tabakrauchen durch junge Engländer, die in Leyden studierten. Und obwohl es damals noch keine Eisenbahnen gab, nicht einmal immer ordentliche Straßen, so vergiengen keine fünfzig Jahre, und es wurde schon wacker in Java und selbst in China drauf los gedampft, von der Türkei, Persien und Indien gar nicht zu reden. 1625 iburde denn endlich auch die Mode in Deutsch¬ land durch englische Hülfstruppen eingeführt, die König Jakob seinem Schwiegersöhne, dem Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, zugeschickt hatte. Allerlei Widerstand blieb indessen nicht aus, weder von weltlichen, noch geistlichen, weder von türkischen, noch christlichen großen Herren. König Jakob I. von England schrieb eigenhändig eine heftige Schrift gegen das Rauchen, der Papst eiferte gegen die neue sündhafte Unsitte; der Sultan ließ in Konstantiuopel einen Raucher durch die Straßen führen, dem die Pfeife durch die Nase gestoßen worden, und der Czar von Ru߬ land drohte sogar mit dem Abschneiden der Nase. Auch in manchen kleineren deutschen Fürstenthümern wurde das liederliche Werk des »Tabak- saufens" mit den schwersten Strafen belegt. Aber je heftiger man von allen Seiten gegen den glimmenden Tabak blies, um so weiter nur breitete sich der Brand aus, um so dickere Rauchsäulen wirbelten überall empor und betäubten endlich den Zorn der Gewalthaber. Jetzt hat er sich fast überall eingebürgert, und selbst das Verbot, niemand dürfe vor dem 24sten Jahre rauchen, ist da, wo es sonst galt, schon lange außer Kraft getreten. Der Mißbrauch ist über alle Maßen groß geworden. Manchem geht das Rauchen übers tägliche Brot; mancher meint, er könne nur durch die Pfeife das Räderwerk seiner Hände und Füße oder auch seines Kopfes im Gange erhalten. Erwachsene spielen den großen Herrn, indem sie eine Cigarre nach der andern ab¬ dampfen, während vielleicht Frau und Kinder daheim am Hungertuche nagen; und selbst die halbwüchsige Jugend möchte bei solchem Beispiel nicht zurückbleiben. — Abgesehen davon, daß solches Rauchen nicht gesund ist, ist es auch kein Genuß mehr, sondern nur noch eine Gewohnheit und zwar eine schlechte. Noch seltsamer ist es, daß man sich an das Schnupfen des Tabaks hat gewöhnen können, das doch gewiß kein Mensch für eine mit den For¬ derungen der Reinlichkeit übereinstimmende Sitte erklären wird. Nur ausnahmsweise kann dasselbe zum Schutze des Geruchsinnes gegen gewisse Ausdünstungen, oder zur Ableitung schädlicher Flüssigkeiten bei einigen Arten von Augenleiden wirklich vortheilhaft und heilsam sein. Geradezu ekelhaft aber ist das Kauen des Tabaks, und wahrhaft unbegreiflich ist es, wie dasselbe in manchen Ländern fast allgemein in Gebrauch hat kommen können. Bei uns ist es nur auf die ungebildetsten Klassen be¬ schränkt. Besonders beliebt ist es bei den Matrosen. Wieviel Geld aber die ganze Tabaksliebhaberei kostet, und wie l