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63. Der Hirtenhund.
Ein alter Hirtenhund, der seines Herren Vieh treulich bewachte, gehet
abends heim. Da kläffen ihn die Polsterhündlein auf der Gasse an. Er
trabt vor sich hin und sieht sich nicht um. Als er vor die Fleischbank
kommt, fragt ihn ein Fleischerhund, wie er das Gebell leiden könne, und
warum er nicht einen beim Kamm nähme? Nein, sagte der Hirtenhund,
es zwackt und beißt mich ja keiner; ich muß meine Zähne für die Wölfe haben.
Math es ins.
64. Das Pferd.
Munter hüpft das Füllen auf grünem Rasen, sträubt die kurze, krause
Mähne, schwingt sich leicht wie ein Hirsch über die Hecke, schlägt die kleinen
Hufe hoch in die Lüfte, und wie ergriffen vom Windstoß stürzt es fort,
steht plötzlich, und plötzlich wieder umkreist es die ruhig weidende Stute,
von ihren Blicken sorgsam bewacht. Schon verrathen die schlanken Glieder
künftige Kraft und Behendigkeit, sein dunkles, großes Auge Muth, sein Spiel
die Kampflust. Es wächst zum Helden, zum beharrlichen Gefährten, zum
Freunde des Menschen, treu bis zum Tode, heran.
Edel ist das Pferd: wie aus Erz gegossen, so fest steht es da und
dennoch schlank wie ein Reh und so friedlich. Sicher ist sein Gang: stolz
trägt es sein Haupt mit schön gewölbter Stirn und Nase; das runde, rege
Auge mit dem schwarzen Glanz erspäht den Feind, mit grünem Schein
erleuchtet es den dunklen Pfad. Es spielt mit dem spitzen Ohr, erfaßt
den verlornen Laut, stutzt und warnt seinen Reiter. ' Zur Seite des schlanken,
glatten Nackens fällt die seidcnschimmerndc Mähne. Seine Brust, voll und
weich wie die des Schwanes, stellt sich keck der Gefahr entgegen, und der
glatte Leib ruht sicher auf festen Lenden, auf nervigen Füßen. Die eisen-
festen Hufe stampfen ungeduldig den Boden; der volle, glänzend schwarze
Schweif fließt ruhig über das gewölbte Kreuz zur Ferse nieder.
Auf des Reiters Wink springt es auf wie ein Luchs, rennt davon,
den Hals gestreckt wie ein Adler im Flug; wie ein Adler leicht, berührt
es kaum die Erde, und es fliegt sein Schweif ihm nach. Die Bäume
fliehen wie Schatten vorüber, der Boden weicht, als stürzte er hinter ihm
in den Abgrund. Unter dem Hufe zerbersten die Kiesel, Funken sprühen
umher. So stürzt es mit dem Araber dem Löwen entgegen. Dieser wirft
die Mähne empor und weist grinsend und brüllend die Zähne; er schlägt
mit dem Schweife seine Lenden. Jetzt steht er, jetzt duckt er sich nieder
zum Sprunge; da schickt ihm rasch der Jäger die Lanze zu. Der Löwe
achtet nicht den tödlichen Stoß, mit zerbrochenem Schaft in der Brust
schwingt er sich dem Jäger entgegen; da funkeln des Pferdes Augen, die
Adern spannen sich, die Mähne fliegt, es dampfen seine Nüstern, die Mus¬
keln spielen und schwellen, und zornwiehernd bäumt es sich aus, schlägt
aus; sein eherner Huf hat die Stirn des Löwen gespalten und ihn zu Boden
geschmettert.
Mit dem Krieger zieht das Pferd gegen den Feind, es beißt schäumend
in die Zügel, schüttelt die Mähne, scharrt den Boden, schnaubend und wiehernd
vor Kampflust. Da schmettern die Trompeten, cs erwartet nicht des Reiters
Sporn, sprengt entgegen den blitzenden Lanzenreihcn. Es ist eins mit seinem