369 Blätterkranze eine dufterfüllte Lilienblüte auf, die bei jeder Fest¬ lichkeit das Haar der Insulaner ziert. Wo seit Jahren der Weiße angesiedelt ist, hat sich das früher so ärmliche Pflanzenkleid mit neuen Arten bereichert. Auf Jaluit*) besitzt fast jedes Haus einen wohlgepflegten Garten mit hübschen Nutz- und Schattenbäumen, für die man gute Erde aus der Ferne herangeschafft hat. Auf den Beeten sieht man etliche Gemüse, z. B. Radieschen, Bohnen, Zwiebeln, bisweilen auch Erbsen und Mohrrüben, obschon diese oft versagen. Noch übler geht es mit Salat und Kohl, die zwar gewaltig in die Höhe schießen, aber keine Köpfe bilden. Desto besser kommt die Gurke fort. Sie verwandelt sieb hier zu einer an Zäunen und Bäumen auf¬ kletternden Pflanze, die monatelang mit Früchten übersät ist. Für edlere Gewächse, wie Kakao, Kaffee oder Gewürze, sind die Marschallinseln aber nicht geeignet, da die feuchte Seeluft und der kümmerliche Boden deren Anbau verbieten. Die Bewohner der Marschallinseln zählen insgesamt an 15 000 Köpfe. Die Durchschnittsgröße der Männer dürfte kaum hinter unserer zurückbleiben, wohl aber sind die Frauen fast regelmäßig kleiner als ihre weißen Schwestern. Die Hautfarbe wechselt vom Gelbbraun des Chinesen bis zum dunkeln Schoko¬ ladenbraun der Samoaner. Der Gesichtsausdruck läßt auf Ver¬ stand und Bildungsfähigkeit schließen; nur erhält er durch den Blick der etwas schief gestellten Augen einen listigen, ver¬ schlagenen Zug, der zu dem ganzen Charakter der Leute paßt. Jung und alt schwärmen von jeher für Lustbarkeiten, Tänze, Spiele und Schmausereien und nicht minder für das süße Nichts¬ tun. Erst in den letzten Jahrzehnten haben sie angefangen, sich an ernstere Arbeit zu gewöhnen. Sie sind Kokospflanzer ge¬ worden, sie helfen in den Faktoreien oder dienen als Matrosen auf europäischen Schiffen. Durch die deutsche Herrschaft ist ferner ihren ewigen Streitigkeiten und Kriegen ein Ende ge¬ macht worden, ebenso ihrer Neigung zur Seeräuberei. Man hat ihnen Schießwaffen und Alkohol entzogen, hat ihnen ein kaiser¬ liches Gericht eingesetzt, ein Krankenhaus eröffnet, Mission und Schulen gebracht und alles getan, was zu ihrem Besten dient. Zu ihrem Lobe darf man sagen, daß sie gegen die deutsche Herr¬ schaft nicht undankbar sind. H. Seidel. *) Sprich: Dschalut. Niedersöchsische« Lesebuch. UL 24