4 All dieses vereinigte die Pfalz zu Goslar in sich; deshalb gehörte sie zu den größten Herrscherschlössern des Mittelalters. Hier residierten daher auch Kaiser aus dem fächsischen, fränkischen und hohenstaufischen Geschlechte, Zeugen einer längst entschwundenen, großen Zeit. Hier ward am Maͤrtinstage 1050 Kaiser Heinrich III. von seiner geliebten Ge⸗ mahlin Agnes der nachmalige Heinrich IV. geboren Hier schwuren die deusschen Fürsten dem Kaiser Heinrich IIl, seinen Sohn zum Nachfolger zu wählen. Hier fand 1056 ein außergewöhnlicher Pomp statt: Papst Viktor I. weihte unter dem Beistande von 73 Kardinälen, Bischöfen und Abten Goslars köstlichen Dom ein; freilich hatte der heilige Vater hier⸗ 10 bei die naurige Pflicht kurz darauf den gewaltigen Herrscher Heinrich I auf der Jagd bei Bodfeld, einem frühern Dorfe und Jagdschlosse im harz, zum Tode vorzubereiten und ihn in seinen Armen sterben zu sehen. — Hier standen drohend 60000 Sachsen, welche von Heinrich V. berlangten, daß er ihr Land verlasse. Von hier aus floh Heinrich IV. 16 durch eine Hinterthür nach der festen Harzburg. Hier zog derselbe Herrscher nach Besiegung seines Gegenkönigs Rudolf von Schwaben als Triumphator ein und legte die Siegeszeichen im Kaiserdome nieder. Hier sprach auf einem Reichstage Konrad III. Herzog Heinrich dem Stolzen den Besitz Sachsens ab. Auf einem andern Reichstage hierselbst erkannte 20 Friedrich J. Barbarossa Heinrich dem Löwen das Herzogtum Bayern zu. Philipp von Schwaben weilte längere Zeit in Goslar und verließ 1200 den hiesigen Reichspalast. Otto UV. hielt hier im Jahre 1209 eine Reichsversammlung ab. Dasselbe that auch Friedrich II. in den Jahren 1218 oder 1219 und versöhnte sich mit Heinrich dem Langen. Der letzte 25 mittelalterliche Kaiser, welcher in Goslars Mauern weilte und im Reichs— palast residierte, war Wilhelm von Holland. Herrlichkeit des deutschen Reiches sank, mit ihr auch die Kaiser— pfalz vi Goslar. Dazu zerstörte im Jahre 1289 eine gewaltige Feuers— brunst das Innere der Pfalz, die Adolf von Nassau oder Rudolf von 30 Habsburg notdürftig wiederherstellen ließ, um dem Reichsvogt einen Raum zum Gerichthalten zu verschaffen. Im Jahre 1415 erwarb Goslar die NReichsvogtei; somit schwand hier der letzte Schimmer kaiserlicher Macht und Herrlichkeit. Von der stolzen Kaiserpfalz verblieb der Stadt endlich nichts weiter als das jetzige „Kaiserhaus“ und die St. Ulricikapelle. 35 Ersteres wurde als Gerichtslokal, später als Harzkornmagazin benutzt; letztere diente als Bürgergewahrsam. O Purpurglanz deutscher Kaiser— herrlichkeit, wie entweiht wurdest du! Beide Baulichkeiten gingen endlich dem völligen Verfall entgegen, und Goslar, zur Wiederherstellung derselben zu schwach, veräußerte sie für 40 3000 Mark an die hannoversche Regierung. Letztere bewilligte zum Aus⸗ bau sofort 21000 Mark; endlich gab der deutsche Reichstag 1873 zur Vervollständigung dieses Zweckes 200000 Mark her. 55