9 370. Ernst der Bekenner, Herzog zu Lüneburs. Unter den Fürsten Deutschlands, welche der Reformation fast von Anbeginn ergeben waren und der Förderung derselben ihre Kräfto wiämeten, vird man nieht an letzter Stelle den Namen Ernsts des Bekenners, des Herzogs von Braunschweig und Lüneburg, nennen. Schon sehr frühe hatte sich von den weltischen Stammlanden das kleine Fürstentum Grubenhagen abgezweigt, später trennte sich das Flrtentum Lüneburg ab, dessen Umfang sich fast genau mit dem heutigen Regierungsbezirk deckt; und erst am Ende des 15. Jahrhunderts zersiel auch das noch übrige Stũuck in die beiden 10 Flrslontumer Braunschweig-Calenberg und Braunschweig-Wolfenbüttel, s0 dass wir beim Beginn der Neuzeit vier Fürsten in den welsischen Landon herrschen senen. Lüneburg war darunter das von der Natur am wenigsten begünstigte Land. Weite Strecken unfruchtbarer Heide, dazwischen kleine Dörfer und Einzelhöõfe mit „räucherichen 15 Hütten“, in denen es aussah wie in einer „Arche Noah“, in denen Hunde, Katzen, Kühe, Ralber, Rosse, Saue, Hühner, Schafe, alles bei einander wohnte, in demselben Raume, „wo der Bauer auf Stroh lag, alten Speck ass und Brot so hart wie ein Wetzstein?“. Es ist nicht zu verwundern, dasls in einem solchen Lande die 20 Reformation nicht aus einer tiefgehenden Bewegung des Volkes her- vorging, sondern von dem Landesherrn unter geringer aktiver Be— teiligung der Massen unternommen und durehgeführt wurde. Auch der Herzog war nicht ausschlielslich von frommen Beweggründen geleitet, sondern es spielen staatliche und Geldverhãltnisse bei seinem 25 Vorgehen eine nicht unwesentliche Rolle. Tinot war ein selten reiner und lautörer Charakter. sSeine Ehe mit Sophie von Mecklenburg war eine sehr glückliche; im schönsten Verein erzogen beide ihre Kinder zur Gottesfurcht und Tugend. Bis in das einste war das Hauswesen geordnet, denn Ernst war ein 30 vorzuglicher Hausvater. Gemeinsam betete er mit seinen Kindern das Tischgebet, und stets, bevor er sein Tagewerk begann, erflehte q mil lauter Stimme den Segen Gottes für dasselbe. Gern befalste re ich mit Gottesgelehrsamkeit und besonders Geschichte, fleilsig las eêr die Propheten und das Neue Testament. Er war ein Freund 85 von feinem Witz, aber verabscheute alles Gemeine. Strenge war er gegen andere, am strengsten gegen sioh selbst; er lebte nüchtern, mãssig und keusch. geinen Wahlspruch: „Andern diene ich, mich selber reibe ich auf,“ hat er durch die That zur Wahrheit gemacht; im Dienste 40 eines Volkes hat er seine Kräfte verbraucht. Er liebte Gerechtigkeit ad halble alles Unrecht. Als ihm einst die Nachricht gebracht 17