487 Kurfürst sah außerordentlich leidend aus; er hatte den entseelten Körper des Obersten von Mörner in seinen Wagen heben lassen. Jetzt wurden ihm die Berichte über den Abzug der Feinde gebracht, die in fester Haltung auf Fehrbellin zurückgegangen waren. „Wohin mögen sich die Trümmer des Regiments von Dalvig ge⸗ flüchtet haben?“ fragte der Fürst. „Ich habe sie im Gewühl der Schlacht nicht verfolgen können!“ Da kniete Hans Jürgen, einige der Feldzeichen des Regiments in seiner Hand, vor dem Großen Kurfürsten nieder. „Kurfürstliche Gnaden,“ sprach er, „der Feind besitzt kein Regiment Dalvig mehr. Ich bringe dessen Fahnen!“ Ehrerbietig lüftete der alte Derffling den Hut; der Große Kurfürst aber streckte seinem wackern Oberstwachtmeister die Hand entgegen. „Mein wackrer Herr von der Linde,“ sprach er, „was Sie mit den Dragonern meines Feldmarschalls heute getan haben, das soll im Gedächtnis der Nachkommen bleiben, solange es ein Brandenburg gibt. Mein Heer besitzt keine ruhmvolleren Trophäen als die Fahnen dieser schwe— dischen Helden. Ehren wir aber auch das Andenken eines solchen Feindes!“ Er entblößte sein Haupt und nahm die schwedischen Fahnen entgegen. Dann drückte er noch einmal die Hand des Oberstwachtmeisters. „Mein lieber Herr von der Linde,“ sprach er dann, „ich werde versuchen, Ihnen in meiner Hauptstadt meine Dankbarkeit zu bezeigen! — Jetzt, meine Kriegsobersten, lassen Sie uns durch das Lager gehen, das unsre Truppen bezogen haben, und lassen Sie uns Lob und Tadel nach Gerechtigkeit austeilen!“ Oskar Schwebel. (Hans Jürgen von der Linde.) 242. Eine Tagfahrt König Friedrich Wilhelms J. a) Eine Kassenrevision. 1. Es war an einem Julitage des Jahres 1730. Eine schwüle, drückende Stille herrschte, wie sie großen Gewittern vorauszugehen pflegt, und die Sonne sandte ihre Strahlen senkrecht von dem unbewölkten Himmel herab. Der kühle Hausflur des Amtsgebäudes zu Soldin war um diese Zeit ein prüchtiger Zufluchtsort, und der Königliche Domänen- und Kammer— at von Happelius hatte sich mit seiner Familie hier niedergelassen, um an der eichenen Tafel das Mittagsmahl recht behaglich einzunehmen. Die Tafel des Rates war trefflich besetzt. Ein Hammelbraten mit Rüben folgte einer kräftigen Fleischbrühe; dann sollten Hechte, in Dill gekocht, erscheinen, und den Schluß sollte ein Semmelpudding machen. Das alles spülte man mit einem guten Bier hinunter.