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Zuerst habe ieh das NMilöbgeld gestundet; das kann ieh nun nicht
mehr, verkaufe infolgedessen wenig und setze täglich zu.
5. Du kannst mir glauben, daß es hart ist, venn man sich Dag
kür Tag vom frühen Morgen bis in die sinkende Nacht ehrlich ge-
plagt hat und sieh nun sagen muß: Alles umsonst, nichts geschafft!
Da kann unsereins kleinmütig verden. Anders der „marte“ Ameri-
kaner; der sagt: Ist die Zeit für die Landwirtschaft nicht günstig,
so versuchen wir's mal mit der Arbeit im Bergwerk oder als Kellner
oder als Kaufmann; venn nur Geld gemacht wird. Ieh bin nicht
so0 wandlungsfähig. Daß ich die Pachtung hier nicht halten hann,
sehe ich jetzt klar, und es gibt für mieh nur drei Möglichkeiten.
Zuerst dachte ich daran, in die Stadt zu gehen und mir, wie s0
mancher Farmer und Farmerssohn vor mir getan hat, einen Plat-
irgendwo in der Industrie zu suchen. Bei der jetzigen Notlage vürde
ich aber kaum etwas Passendes finden, und auberdem weibt Du ja,
daß ich mit Leib und Seele Landwirt bin. Der zweite Weg wäre
der, ich zöge, wie einst die Schar jener tüchtigen deutschen Pioniere,
westwärts hinein in den weiten amerikanischen Kontinent, um irgendwo
auf Neuland mich sebhaft zu machen. Leider ist aber auch das
wenig aussichtsvoll, denn der amerikanische Boden ist heutzutage
schon verteilt, und den Nachzüglern bleibt das Nachsehen. So bleibt
für mich nur der dritte Weg, den zu gehen ich nun fest entschlossen
bin: Ieh will hier retten, was zu retten ist, und wieder heim! Im
Schwabenland wird ja auch für mich noch irgendwo eine Stöelle als
Inspektor zu finden sein. Lange habe ich mich gegen diesen Ent-
schluß gewehrt und mich immer wieder gefragt: „Was werden die
Leute sagen?“ Aber dann ist in mir grob und immer gröber das
Heimweh aufgestiegen; ja das Heimweh nach den Rebengeländen,
nach meinen schwäbischen Bergen und Burgen, das hat mich eigent-
lich hier in Amerika nicht verlassen, wo keine Burg von einer groben,
reichen Vergangenbeit erzüblt.
Wenn's wieder EFrühling wird, hoffe ich mit Gottes Hilfe bei
Euch zu sein. Darauf freut sich innigst
Dein Dich herzlich begrüßender
Heinrich Möller.
Erxnst Löber. (Originalartikel.)