84 Der ausgepreßte Saft der Rübe schmeckt süß. Man kocht ihn ein, bis er dick wird. Dann scheidet sich der Saft in festen, körnigen Zucker und schwarzen, flüssigen Sirup. Der Zucker sieht noch braun aus. Er wird vom Sirup getrennt, wieder im Wasser aufgelöst und durch feines Kohlenpulver geträufelt. Die Kohle hält alle dunklen Teile zurück, und der süße Zuckersaft kommt lauter und hell zum Vorscheine. Man füllt ihn in Formen; in diesen wird er zum festen, schnee¬ weißen Zuckerhut. Die Köchin bringt den Zuckerhut vom Kaufmanne mit nach Hause und schlägt ihn in Stücke. Das Kind sieht dabei zu, wie die Stückchen jedesmal leuchten, wenn sie im Dunkeln mit der Zuckerzange abgetrennt werden. Das Beste dabei ist, daß das Kind bisweilen ein schönes Stück vom weißen Zucker erhält. Das ist aus der Runkelrübe ge¬ worden. Da dünkt dem Kinde die unansehnliche Runkelrübe viel besser als alle prahlenden Blumen des Feldes, die schnell verblühen und niemand ein Zuckerstückchen bereiten. H. Wagner. 88. Der Iltis. Die Schatten der Nacht legen sich über Feld und Flur. Da schimmern zwischen den breiten Klettenblättern der Hecke hindurch zwei grünlichblaue Flämmchen. Es sind die Augen des Iltis. Im dichten Strohdache der Scheune hat er den ganzen Winter über ein warmes Lager gehabt. Zum Danke würgte er dem Vater die beste Henne, stürzte ihm den Bienenkorb um und fraß den Honig. Mit An¬ fang des Sommers zieht er in das Feld, blutdürstig wie der wildeste Mordgeselle. Leise hebt der Iltis die Beine, und von seinen Sprüngen hörst du nicht das mindeste Geräusch; die behaarten Sohlen seiner Pfoten geben ihm einen weichen Tritt, wie ihn die Katze hat. Bei jedem Sprunge biegt sich der schlanke, etwa '/, m lange Leib im Bogen nach oben; wie eine Schlange gleitet er zwischen Gras und Kräutern hindurch. Ein Mäuschen hüpft in der Ackerfurche, flink wie ein Tanz¬ meister; aber der Iltis versteht das Springen noch besser: ein Satz und ein Biß — kaum, daß das Tierchen noch einen Notschrei aus¬ stoßen konnte, so ist sein Kopf schon zermalmt. Ein schlechter An¬ fang, meint der Iltis; aber etwas ist besser als nichts. Er zieht