225 jetzt silbergrau schimmert; wer hätte nicht seine Freude daran, und wer dächte nicht dabei an die Gottesverheißung: „So lange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht." Aber auch au lieblichem Schmuck fehlt es dem Korn- felde nicht. Da drängt sich die Kornblume herbei mit der Federkrone aus Himmelsblau, kommt der lustige Ritter¬ sporn,.der wilde Mohn oder die Feuerblume. An den heißen Sonnenstrahlen selber scheint er seine flammenden Blätter angezündet zu haben, und an ihnen eilt nun auch das Korn zu reifen. Lange bevor noch die Weizenähre ihr bronzenes, volles Braun zeigt, wenn noch grün die Gerste steht, und der Hafer „wie ein Bräutchen im Kirchstuhl," bleicht das Korn. Manches Wetter zag darüber, oft in breiten Flammen zuckte der Blitz aus den Wolken, doch gnädig verschonte es der Hagel. Nun ist es todtreif. Aber auch jetzt noch regt es das Gemüth lebendig an, und man fühlt nichts von dem trüben Eindruck, den eine verbrannte Trift oder ein welker Blumen- flor macht. Still, segenschwer und demüthig blickt uns die Aehre an. „Komm und brich mich!" winkt sie und beugt sich dem Menschen entgegen. Aus diesem Theile des Natur¬ lebens wählte darum auch der göttliche Heiland seine Gleich¬ nisse vom Säemann, vom Weizenacker, von den Garben, von dem was gesäet ward verweslich und auferstehen wird unverweslich. Ist das Korn gemäht und eingeheimset, so ist des Jahres schönere Hälfte dahin. Ueber dem S t o p p el f e l d e weben die Wanderspinnen ihren Schleier, die Heimatvögel, lange verstummt, rüsten sich zur fernern Wanderschaft, vom Himmel hängt trübstilles Gewölk. Nur wenn im Spät¬ herbst die Pflugschar von neuem die Erde spaltet, belebt sich noch einmal dieses Bild. Die Spuren der Vergäng¬ lichkeit schwinden wieder, der neuen Saat wird das Bett bereitet, hoffend strebt der Sinn hinaus, und wie der Scheidende wohl dem Bleibenden ein grünes Reis zurück¬ läßt, so zeigt uns noch im Vorwinter das Korn ein neues 10**