5— 74 AnhanglJ. Gedichte aus den vorhergehenden Bänden. 1. Wenn du noch eine Mutter hast. Vilhelm kaullseh. 1. Wenn du noch eine Mutter hast, so danke Gott und sei zufrieden; nicht allen auf dem Erdenrund ist dieses hohe Glück beschieden. Wenn du noch eine Mutter hast, so sollst du sie mit Liebe pflegen, daß sie dereinst ihr müdes Haupt in Frieden kann zur Ruhe legen. 2. Sie hat vom ersten Tage an für dich gelebt mit bangen Sorgen, sie brachte abends dich zur Ruh' und weckte küssend dich am Morgen. Und warst du krant, sie pflegte dein, den sie mit tiefem Schmerz geboren, und gaben alle dich schon auf, die Mutter gab dich nicht verloren. 3. Sie lehrte dich den frommen Spruch, sie lehrte dich zuerst das Reden, sie faltete die Hände dein und lehrte dich zum Vater beten. Sie lenkte deinen Kindessinn, sie wachte über deine Jugend, der Mutter danke es allein, wenn du noch gehst den Pfad der Tugend. 4. Und hast du keine Mutter mehr, und kannst du sie nicht mehr beglücken, so kannst du doch ihr frühes Grab mit frischen Blumenkränzen schmücken. Ein Muttergrab, ein heilig Grab, für dich die ewig heil'ge Stelle! O, wende dich an diesen Ort, wenn dich umtost des Lebens Welle! 2. Hessenland. Karl Altmülser. 1. Ich weiß ein teuerwertes Land, mein Herz ist zu ihm hingebannt, ich kann es nimmermehr vergessen, das liebe Land der blinden Hessen. 2. Nicht ist es sonnenreich und warm, an Gold und Silber ist es arm; reich ist es nur an tausend Schmerzen und an der Treue Gold im Herzen. 3. Wenn einstmals auf der weiten Welt die Treu' der Klugheit räumt' das Feld, sonst nirgend eine Ruhstatt hätte — das Hessenland bleibt ihre Stätte. 4. Ich wandre fremd in weiter Ferne, hätt's aus dem Sinn geschlagen gerne, doch unablässig singt mir leise das Heimweh seine schlimme Weise. 5. Wo meiner Lieben Gräber stehn, wo meiner Fulda Wellen gehn und dunkle, stille Wälder säumen, bin ich in Nacht- und Tagesträumen. 6. Herr Gott, wenn einst mein Leben stirbt und seine letzte Ruh' erwirbt, laß mich in meiner letzten Wiegen daheim im Hessenlande liegen! 7. Es rauschen dann in meine Ruh der Fulda Wellen immer zu, als sänge mir die Mutter wieder die alten, lieben Schlummerlieder.