— Casche dafür heimtrug. Sie war eine Witwe in mittlerem Alter und hatte einen Knaben von zwölf Jahren, der im Sommer die Ziegen des Ortes hütete und im Winter mit seiner Mutter in den unterirdischen Felsenklüften Sandnester aufsuchte und ausbeutete, wenn man vor Schnee und Eis in den Boden kommen konnte. 3. Einmal in einem besonders harten Winter wollte es den guten CLeuten gar nicht gelingen. Cange war der Boden bald so fest gefroren und bald so hoch mit Schnee bedeckt, daß sie gar nicht zu shrer unterirdischen Nahrungsquelle gelangen konnten. Der kleine Vorrat von Sand, den sie sich im Herbste gegraben hatten, ging zu Ende und mit ihm das Brot, das sie sich für die erlösten Pfennige aus den benachbarten Orten mitzunehmen pflegten. An den Sommer⸗ seiten der Berge, wo die Februarsonne die dünneren Schneeschichten weggeleckt hatte, fingen sie nun an zu schürfen, aber überall und immer ohne Erfolg. Ihre Werkzeuge zerbrachen, und sie hatten noch kein weißes Sandkorn gefunden. Dazu ging das Futter für die Ziegen auf die Neige, und in der Hütte waren nun vier Geschöpfe, denen der Hunger aus den Augen sah. Das einzige, was sie noch unter sich teilen konnten, war eine Kufe mit eingestampften Rüben und weißem Kohl, und auch diese stritten schon mit der Verwesung, weil sie nur wenig gesalzen waren. Die Geißen erhielten ihren Anteil roh, wie er aus der Kufe kam; die Portionen für sich und ihren Knaben kochte die Witwe und salzte sie oft mit ihren bitteren Kummertränen; denn es war damals unter ihrem Dache wie in der Hütte der Witwe von Zarpath, als sie dem Propheten antwortete: „So wahr der Herr, dein Gott, lebet, ich habe nichts Gebackenes als eine Hand voll Mehl im Topf und ein wenig Ol im Kruge. Und siehe, ich habe Holz aufgelesen und gehe hinein und will mir Und meinem Sohne zurichten, daß wir essen und sterben.“ 4. Der Knabe liebte seine Mutter und bewies seine Liebe am meisten dadurch, daß er nie über seinen Hunger klagte, sondern geduldig von einer Mahlzeit auf die andere wartete und überhaupt Ales vermied und verbarg, was ihr das Herz noch schwerer machen konnte. Aber fast die ganze andere Hälfte seines Herzens war den Ziegen zugewendet, und es wollte ihm brechen, wenn er sah, wie sie, vom Hunger getrieben, an der Kufe hinaufsprangen und vergebens Hals und Zunge streckten, um die Neige darin zu erreichen. Bätten sie von seinen schönen Worten und Versprechungen auf den nahen Frühling satt werden können, dann hätten sie mehr als genug gehabt. Aber so wurden sie immer magerer, und der Knabe entschloß sich endlich, für sie zu tun, was er noch nicht einmal für seine Mutter getan hatte.