130 Wie drängten sich alle um den geretteten Prinzen! Wie dankten sie Gott für die wunderbare Hilfel Als sie sich aber nach dem Retter umsahen, war er nicht mehr da. Er hatte sich im Gedränge verloren und war zu bescheiden gewesen, den Dank und eine Be— lohnung zu erwarten. Daher meinten viele, es sei wohl gar ein Engel gewesen. — 171. Der brave Bauersmann. In dem schönen Lande Italien liegt am FRusse Etsch eine Stadt, die heißt Verona. Über den Fluß führte vor Jahren eine schöne Brücke, auf deren mittelstem Pfeiler ein Häuschen stand. In diesem Häuschen lebte ein Mann, der den Brückenzoll von den Vorübergehenden oder Fahrenden einnahm und deswegen von den Leuten kurzweg der Zöllner genannt wurde. In einem strengen Winter war der Etschfluß dick zugefroren. Weil aber plötzlich starkes Tauwetter eintrat, so schmolz der Schnee in den Gebirgen, und Ströme Wassers stürzten herab und schwellten den Fluß so sehr an, daß er die Eisdecke zerbrach, ehe man sich dessen versaß. Das Eis schwamm in mächtigen Stücken gegen die Brücke und riß, ehe der Zöllner mit seiner Frau und seinen Kindern flüchten konnte, hüben und drüben die Bogen nieder, so daß er nirgends mehr einen Ausweg fand. Das Eis drang immer zerstörender und gewaltiger heran, zertrümmerte nach und nach das feste Gemäuer der Brücke, und nach wenigen Stunden war nichts mehr davon übrig als der einzige Pfeiler, auf dem des Zöllners Häuschen stand. Der Unglückliche, der seinen eigenen und seiner ganzen Familie Tod vor Augen sah, jammerte mit gerungenen Händen nach Hilfe. Aber obwohl viele Menschen an beiden Ufern des Flusses standen und auch Nachen zur Hand waren, so hatte doch niemand den Mut, den Kahn durch die rollenden Eisschollen zu steuern, um den verzweifelnden Zöllner mit seiner Familie zu retten. Ein reicher Graf sprengte heran, hielt einen mit Gold gefüllten Beutel in die Höhe und rief: Dies zur Belohnung dem, der es wagt, die unglückliche Familie des Zöllners zu retten. Die umstehende Menge vernahm die Worte des edeln Grafen, aber keiner fand