234 192. Abseits. I. Es ist so still; die Heide liegt im warmen Mittagsonnenstrahle, ein rosenroter Schimmer fliegt um ihre alten Gräbermale; die Kräuter blühn; der Heideduft steigt in die blaue Sommerluft. 2. Laufkäfer hasten durchs Gesträuch in ihren goldnen Panzerröckchen, die Bienen hängen Zweig um Zweig sich an der Edelheide Glöckchen; die Vöõgel schwirren aus dem Kraut, die Luft ist voller Lerchenlaut. 3. Ein halbverfallen niedrig Haus steht einsam hier und sonnbeschienen; der Kötner lehnt zur Tür hinaus, behaglich blinzelnd nach den Bienen; sein Junge auf dem Stein davor schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr. 4. Kaum ꝛittert durch die Mittagsruh ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten; dem Alten fällt die Vimper zu, er träumt von seinen Honigernten. — Kein Klang der aufgeregten Zeit drang noch in diese Einsamhbeit. Theodor Storm. 193. In der Marsch. Kaum hatten wir das schleswigsche Städtehen Bredstedt ver⸗ lassen, so gelangten wir von dem hohen Rande des Geestlandes in die tiefe Marsch hinab. Das Marschland hebt sich von der Geest so scharf ab, daß man die Grenze meistens mit einem Stock angeben kann. lch sagte meinem kutscher, er solle da anhalten, wo wir in die Marsch kämen. Er tat es, und es fand sich, daß die Pferde mit den Fübßen schon in dem klebrigen Marschboden steckten, während die Hinterrãder unseres Wagens noch auf dem sandigen, trockenen Geestweg standen. Nach anhaltendem Regen- wetter sind die Marschwege fast ungangbar. Ihre Oberfläche wird dann zu einem so tiefen, klebrigen, dickmusigen Schlamm, daß im