21 53. Der Deutschen Krieg und Sieg in Frankreich. (1870 71) L. Der Ausbruch des Krieges. 1. Frankreich hatte sich in den Prager Frieden eingemischt; es war eifersüchtig auf die glänzenden Erfolge der preußischen Waffen und der preußischen Staatskunst; die steigende Macht Preußens und die wachsende Einigung Deutschlands machten es besorgt um seinen Einfluß und sein militärisches Ansehen. Napoͤleon nahm eine große Armeereform vor; die Stimmführer des Volkes verlangten nach „Rache für Sadowa“ und nach der „Rheingrenze.“ Dies alles ließ einen feindlichen Zusammenstoß zwischen Frankreich und Deutschland voraussehen; dennoch überraschte der Ausbruch des Krieges allgemein. Den Vorwand bot der Plan des spanischen Ministers Prim, den Prinzen Leopold von Hohenzollern, einen entfernten Verwandten des preußischen Königs, auf den spanischen Thron zu erheben. Der frei— willige Rücktritt des Prinzen genügte dem Kaiser Napoleon nicht; der König von Preußen sollte jede Erneuerung eines solchen Planes für die Zukunft verbieten. Als diese Forderung zurückgewiesen wurde, erklärte Napoleon an Preußen den Krieg (19. Juli). Auf die Unbezwinglichkeit der französischen Armee, die unfertigen Rüstungen Preußens, die offenen und heimlichen Feinde der Einheit Deutschlands rechnend, hoffte er die Rheingrenze zu ge— winnen, Preußen zu schwächen, die Einigung Deutschlands zu hindern und durch diese Erfolge seinen Thron von neuem zu befestigen. 2. Aber das ganze deutsche Volk vom Fels zum Meer stand auf zur „Wacht am Rhein“. Als erstes Wort konnte König Wilhelm (25. Juli) sagen: „Aus allen Stämmen des deutschen Vaterlandes, aus allen Kreisen des deutschen Volkes, selbst von jenseit des Meeres, sind mir aus Anlass des bevorstehendden Kampfes für die Ehre und Unab-— hängigkeit Deutschlands von Gemeinden und Korporationen, von Ver- einen und Privatpersonen so zahlreiche Kundgebungen der Hingebung und Opferfreudigkeit für das gemeinsame Vaterland zugegangen, dals es mir ein unabweisliches Bedürfnis ist, diesen Einklang des deut- schen Geistes öffentlich zu bezgeugen und dem Ausdruck meines könig- lichen Dankes die Versicherung hinzuzufügen, dals ich dem deufschen Volke Treue um Treue entgegenbringe und unwandelbar halten werde. Die Liebe zu dem gemeinsamen Vaterlande, die einmütige Erhebung der deutschen Stämme und ihrer Fürsten hat alle Unterschiede und Gegensatze in sich geschlossen und versöhnt, und einig, wie kaum jemals zuvor, darf Deutschland in seiner Einmütigkeit, wie in seinem Recht, die Bürgschaft inden, dals der Krieg ihm den dauernden Frieden bringen, und dass aus der blutigen Saat eine von Gott ge— segnete Ernte deutscher Freihbeit und Einigkeit sprielsen werde.“ In wenig Wochen war die deutsche Streitmacht vollständig ausgerüstet und unter bewährten Führern zwischen Trier und Landau aufgestellt, die erste Armee unter Steinmetz, die zweite unter Friedrich Karl, die dritte unter dem Kron— prinzen Friedrich Wilhelm. Der greise König selbst, begleitet von Moltke und Bismarck, übernahm die Oberleitung. Gleichzeitig bildeten sich über—