237 Der früheren Auflage Seite 229) 66. Die Baumannshöhle. Oer fruhberen Auflage Nr. 62.) Nächst dem Riesengebirge ist der Harz das höchste Gebirge Norddeutschlands. Der niedrigere südliche Teil des Gebirges bheilst der Unterharz In einem Ralkberge desselben legt die berühmte Baumannshöhle. Vor ihrem Eingange wölbt sich ein weiter, jedoch nicht sehr hoher Bogen, eine Art Thor darstellend. Felsstücke hängen herab, Untergang drohend dem Haupte dessen, der vorwitzig in die Geheunnisse der Unterwelt dringen will. Dennoch ist nicht die geringste Gefahr, die Höõhle zu befahren, wofern man dem Fũhrer genau lolgt, sich nicht von ihm entfernt und nicht erhitzt hinabsteigt. Woblanl die Grubenlichter sind angezundet, die schwarzen Gruben- littel übergezogen; wir fahren hinab. Der flackernde Schimmer der dampfenden Grubenlichter macht die herabhängenden, grossen Pels- stücie in der feuchten Dunkelheit noch grausenhafter; oft gebückt, mit unsicherm Tritte, auf schlüpfrigem Boden, oft durch enge Pels- spalten sich windend, bald stei in die Höhe, bald jäh auf dünner Pahrt über Abgründe hinunter, hier durch einen weiten, hallenden Dom, dort an einem Brunnen vorbei, der kalt und stumm seine Wellen krũuselt, — ũberall aber das ewige Tröpfeln des sickernden Wassers, das wie ein Geslüster der immer wachen Berggeister älingt. Durch sieben Haupthöhlen, unter welchen die erste mit 10 Meter zur Hõhe steigt, wandert man unter den Trümmern der Zerstörung neben Ab- gründen, einsturzdrohenden Felsen, in den geheimnisvollen, unter- irdischen Kammern der immer schaffenden Natur. Das in diese Tropfsteinhõhle hereinsickernde Wasser hat Ralk aufgelõst, der sich in der Höhle wieder absetzt und die Gebilde er- zeugt, welche das Innere in verschiedenen Formen überziehen. Je nãäsger draussen die Witterung, desto mehr tröpfelt drinnen das Wasser. Ales ist mit Ralk überzogen. Aus dem verdunstenden Wasser setzt sich eine Schicht nach der andern an, und durch fortwährendes Absetzen dieses Tropfsteins am Boden und an den Wãnden werden immer noch neue Figuren von wunderlicher Gestalt gebildet. Unter allen Bildungen ist das eigentliche Prachtstück die sogenannte klingende, 23 Meter hohe Saule. Aber das Interessanteste der Höhlen sind durchaus nicht etwa die vunderlichen Gebilde selbst, sondern die ewig fortdauernde Bildhauerarbeit der Natur. Es überfällt uns ein eigener Schauer in diesem unterirdischen Dome. Das Grauen der Nacht, das heimliche Platschern des trõpfelnden Wassers, das gedimpfte Leho, die wunder- lichen Schattenbildungen. — es ist ein ungeheurer Eindruck, welchen die Höhle auf jeden macht, der irgend Sinn für Grosses hat. Und noch ist ihr Ende bei weitem nicht erforscht. Brodorlov.