61 — 4. Und er kommt zum Freunde: „„Der König gebeut, daß ich am Kreuz mit dem Leben bezahle das frevelnde Streben; doch will er mir gönnen drei Tage Zeit, bis ich die Schwester dem Gatten gefreit: so bleib du dem König zum Pfande, bis ich komme, zu lösen die Bande!““ 5. Und schweigend umarmt ihn der treue Freund und liefert sich aus dem Tyrannen. Der andere ziehet von dannen. Und ehe das dritte Morgenrot scheint, hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint, eilt heim mit sorgender Seele, damit er die Frist nicht verfehle. 6. Da gießt unendlicher Regen herab, von den Bergen stürzen die Quellen, und die Bäche, die Ströme schwellen. Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab, da reißet die Brücke der Strudel hinab, und donnernd sprengen die Wogen des Gewölbes krachenden Bogen. 7. Und trostlos irrt er an Ufers Rand; wie weit er auch spähet und blicket Und die Stimme, die rufende, schicket, da stößet kein Nachen vom sichern Strand, der ihn setze an das gewünschte Land; kein Schiffer lenket die Fähre — Und der wilde Strom wird zum Meere. 8. Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht, die Hände zum Zeus erhoben: „O hemme des Stromes Toben! Es eillen die Stunden, im Mittag steht die Sonne, und wenn sie niedergeht, und ich kann die Stadt nicht erreichen, so muß der Freund mir erbleichen.“ 9. Doch wachsend erneut sich des Stromes Wut, und Welle auf Welle zerrinnet, und Stunde auf Stunde entrinnet. Da treibt ihn die Angst, da faßt er sich Mut und wirft sich hinein in die brausende Flut und teilt mit gewaltigen Armen den Strom, und ein Gott hat Erbarmen. 10. Und gewinnt das Ufer und eilet fort und danket dem rettenden Gotte. Da stürzet die raubende Rotte