142 Auch schwimmen Fische in den Lachen, gesotten, gebraten, gesalzen, gebachen, die gehn bei dem Gestad so nahe, daß man sie mit den Händen fahe. Auch fliegen um, das mögt ihr glau— ben, gebratne Hühner, Gäns' und Tauben: wer sie nicht fängt und ist so faul, dem fliegen sie selbst in das Maul. 10 Die Schweine, fett und wohlgerathen, laufen im Land herum gebraten, jedes hat ein Messer im Rück, damit schneidet man sich ab ein Stück, und steckt das Messer wieder hinein. Käse liegen umher wie die Stein' Ganz bequem haben's die Bauern: sie wachsen auf Bäumen an den Mauern, sind sie zeitig, so fallen sie ab, o jeder in ein Paar Stiefeln herab. Auch ist ein Jungbrunn in dem Land, mit dem ist es also bewandt: wer da häßlich ist oder alt, der badet sich jung und wohlgestalt't. b Bei den Leuten sind allein gelitten mühelose, bequeme Sitten; so zum Ziel schießen die Gäst', der am weitsten fehlt, gewinnt das Best'; ʒo im Laufen gewinnt der Leßgtte allein. Das Schlafrocktragen ist allgemein. Auch ist im Land gut Geld gewin— nen; wer Tag und Nacht schläft darinnen, dem giebt man für die Stund' einen Gulden; der wacker und fleißig ist, macht Schul— den. Dem, welcher da sein Geld verspielt, man alles zwiefach gleich vergilt, und wer seine Schuld nicht gern be— zahlt, auch wenn sie wär' ein's Jahres alt, dem muß der andre doppelt geben. Der, welcher liebt ein lustig Leben, kriegt für den Trunk einen Batzen Lohn. Für eine große Lüge giebt man eine Kron'. Verstand darf man nicht lassen sehn, aller Vernunft muß man müßig gehn; wer Sinn und Witz gebrauchen wollt', dem wär' kein Mensch im Lande hold; wer Zucht und Ehrbarkeit hätt' lieb, denselben man des Lands vertrieb'; und wer arbeitet mit der Hand, dem verböt' man das Schlauraffenland: denn wer träg ist und nichts will lern'n, der kommt im Land zu großen Ehr'n, und wer der Faulste wird erkannt, derselbige ist König im Land. Wer wüst, wild und unsinnig ist, grob, unverständig zu aller Frist, aus dem macht man im Land einen Fürsten; wer gerne ficht mit Leberwürsten, aus dem ein Ritter wird gemacht; und wer auf gar nichts weiter acht't als auf Essen, Trinken und Schlafen, aus dem macht man im Land einen Grafen. Wer also lebt, wie obgenannt, der ist gut im Schlauraffenland, in einem andern aber nicht. Drum ist ein Spiegel dies Gedicht, darin du sehest dein Angesicht. 214. Diogenes. Curtman. In Griechenland lebte ein weiser Mann, namens Diogenes, der sich o aber allerlei Sonderbarkeiten angewöhnt hatte. Da er glaubte, der Mensch sei desto glücklicher, je weniger er zum Leben nothwendig habe, so wohnte er nicht in einem Hause, sondern in einem Fasse. Der König Alexander der Große, welcher schon viel von ihm gehört hatte und wohl sah, daß Diogenes nicht zu ihm kommen würde, hielt es für der Mühe werth, selbst