9 Es traf richtig ein; nur währte es der ungeduldigen Henriette zu lange, und schon hatte sie fast alle Hoffnung aufgegeben. Aber nun waren einige Wochen vergangen, als Henriette wieder einmal nach ihrem Glase sah. Und was erblickte sie? Da war alles voll schöner, bunter Schmetterlinge in dem Glase. „Ach, sieh doch, liebste Mutter,“ rief sie, „was in meinem Glase ist!“ — Lächelnd kam die Mutter, und als sie nun beide genauer zusahen, erblickten sie ein neues Wunder. Ein Schmetterling, der in einer Puppe steckte, drückte mit seinen zarten Füßchen die Puppe voneinander und kroch heraus. Seine Flügel waren ganz klein zusammen gerollt, wie ein Stück feines Papier. Er lief geschwind am Glase hinauf und hängte sich an das Papier. Die Flügel wuchsen fast sichtbar, und nach einer Viertelstunde waren sie vollkommen da. — So ging es nun den ganzen Vormittag. Immer ein Schmetterling nach dem andern kroch aus seiner Puppe heraus. Nach Tische waren sie alle ausgekrochen. — „Nun kannst du dir noch eine Freude machen,“ sagte die Mutter. „Nimm das Glas, trag es in den Garten, mache es auf und gieb den Schmetterlingen die Freiheit.“ Dies that Henriette und freute sich unbeschreiblich, als sie sah, wie die Schmetterlinge hinausflatterten und von einem Baume zum andern flogen. Wenn sie hernach im Garten umherging und einen braunen Schmetterling mit schwarzen Flecken sah, freute sie sich allemal. „Du bist gewiß auch aus meinem Glase,“ dachte sie. 88. Das Maienglöckchen. Maienlilie, kannst du sagen, Warum du mußt Glöcklein tragen? „König Mai wird kommen heute,