101 167. Das Kätzchen und die Stricknadeln. Eine arme Frau ging einmal in den Wald, um Holz zu lesen. Als sie mit ihrer Bürde auf dem Rückwege war, sah sie ein krankes Kätzchen hinter einem Zaune liegen; das schrie kläglich. Die arme Frau nahm es mitleidig in ihre Schürze und trng es nach Hause. Als ihre beiden Kinder das Kätz- chen sahen, wolllen sie es sogleich haben. Aber die mitleidige Frau gab den Kindern das Kätzchen nicht, aus Sorge, sie möchten es quälen. Sie legte es auf alte, weiche Kleider und gab ihm Milch zu trinken. Das Kätzchen labte sich und ward bald wieder gesund; aber plötzlich verschwand es. Nach einiger Zeit ging die arme Frau wieder in den Wald. Als sie an die Stelle kam, wo sie das kranke Kätz— chen gefunden hatte, da sah sie eine vornehme Frau stehen. Die winkte ihr, näher zu kommen, und dann warf sie ihr fünf Stricknadeln in die Schürze. Die arme Frau wußte nicht recht, was sie denken sollte. Es dünkte ihr diese Gabe gering. Zu Hause zeigte sie ihren Kindern die Stricknadeln und legte sie am Abend auf den Tisch. Als die Frau am Morgen aufgestanden war, siehe, da lag ein Paar neue, fer⸗ tig gestrickte Strümpfe auf dem Tisch. Darüber war sie sehr verwundert. Abends legt sie die Stricknadeln wieder auf den Tisch, und am anderen Morgen lagen wieder neue Strümpfe da. Jetzt merkte sie, daß eine gütige Fee ihr diese fleißigen Nadeln beschert habe zum Lohne dafür, daß sie mit dem kranken Kätzchen Mitleid gehabt hatte. Nun ließ sie die Nadeln jede Nacht stricken, bis sie für sich und ihre Kinder genug Strümpfe hatte. Und da die Nadeln mehr Strumpfe strickten, als sie verbrauchen konnten, verkaufte sie die übrigen. Nach Bechstein. 168. Der Fuchs und der Krebs. Ein Krebs kroch aus einem Bach hervor auf eine grüne Wiese. Da kam ein Fuchs. Als der den Krebs so lang— sam einherkriechen sah, sprach er spöttisch zu ihm: „Herr Krebs, warum geht ihr so langsam? Wann gedenkt ihr, über diese Wiese zu kommen? Aha, ich merke wohl, daß ihr besser ruckwärts als vorwärts kriechen könnt.“