318 — Vor dem Hause, wo sie über Nacht bleiben wollte, standen neun— zehn weißgekleidete kleine Mädchen, die Blumen streuten. Die Königin sprach so freundlich mit den Kindern, daß sie bald ganz zutraulich wurden und auf ihre Fragen unbefangen antworteten. Wie die hohe Fürstin sich nun mi den Kindern unterhielt, fragte sie auch: „Wie viele seid ihr denn, Kinderchen?“ „Ja,“ sagte ein kleines Mädchen, „erst waren wir zwanzig; aber ein Kind sah so häßlich aus, da haben sie es fortgeschickt, daß du es nicht sehen solltest. „Ach, das arme Kind!“ rief die Königin. „Es hat sich ge— wiß auf meine Ankunft gefreut und sitzt nun zu Hause und weint!“ Sogleich mußte es geholt werden, und die gute Königin zeichnete es vor all den andern Kindern aus. 306. Ein Brief der Königin Luise an ihre Kinder. Paretz, am 9. September 1800. Lieber Fritzl Lieber Wilhelm! Liebes Charlottchen! (uten Morgen, liebe, liebe Kinderchen! Papa küßt Euch alle in Gedanken mit mir und trägt mir auf, Euch zu sagen, daß ihm wie mir die NMohrrüben, Erbsen, Kerbel, Petersilie, Bohnen, Kohl und Salat aus Euerm Garten außerordentlich viel Vergnügen gemacht haben. Das sind recht feißige Kinder, hat Papa gesagt, ich will alles auf ihre Gesundheit essen; und ich sagte, die guten Kinder haben es so gerne gegeben; es machte ihnen so viel Freude, es zu schicken, weil sie wußten, Papa und Mama würden sich recht freuen, und das tat ihren kleinen Herzen wohl. — Ja, liebe Kinderchen, wir haben uns recht dazu gefreut und es allen Menschen gezeigt und sie herbeigerufen, daß sie Euern Fleiß bewundern sollten. Heute mittag essen wir ein Gericht Mohrrüben, das Ihr gepflanzt und gezogen habt. Das wird schmecken! Nun hört einmal recht aufmerksam zu, was nun kommt. Papa und Mama erlauben Euch, da Ihr Euch gut und folgsam aufgeführt habt, Sonntag zum Erntekranz hieérher nach Paretz zu kommen, um die Freude der Bauern zu sehen. Ihr müßt einen viersitzigen Wagen nehmen und, da Schwester Charlott- chen wegen Karlchen nicht abkommen kann, Cousin Fritz Louis und Reimann mitbringen. — Eure Stube ist noch leer, da könnt Ihr die Nacht schlafen, und den andern Morgen zieht Ihr ab. Du, lieber Fritz, und Wilhelm müßt die Kosten bezahlen und