72 112. Vergißmeinnichts Name. Als der liebe Gott Himmel und Erde erschaffen und alles, was auf der Erde ist, da benannte er auch die Pflanzen. Und es kamen Blumen von mancherlei Art, die der Herr bedeutungsvoll mit Namen benannte. Aber, fügte er hinzu, gedenket des Namens, den euch der Herr, euer Gott, gegeben. Siehe, da kam bald darauf ein kleines Blümlein, angethan mit der Farbe des Himmels, bläulich schimmernd und gelb, und fragte: „Herr! wie hast du mich genannt? Ich habe meinen Namen ver— essen.“ wi Und der Herr sprach: „Vergißmeinnicht!“ — Da schämte sich das Blümchen und zog sich zurück an den stillen Bach, in das dunkle Gebüsch, in die Einsamkeit und trauerte. Wenn es aber jemand sucht und pflückt, dann ruft es ihm zu: „Vergißmeinnicht!“ Cosmar. c. Das Tagpfauenauge. 113. Der Knabe und das Pfauenauge. Ein Knabe, der sich zum Vergnügen im Felde Schmetterlinge fing, sah einst ein Pfauenauge fliegen. „Ach, allerliebster Schmetterling Ach,“ rief er keuchend, „laß dich fangen! Du sollst in meinem Schränkchen prangen, du allerliebster Schmetterling!“ So rief er, lief durch Wiesen, Thal und Hügel dem Falter nach, der bald sich niederließ, sich sonnte und mit leichtem Flügel dem Mörderhute sich entriß; den Knaben jetzt auf Seitenwege brachte, schnell rückwärts flog, schnell links, schnell rechter Hand,