1. 37 schweres Regierungsgeschäft freilich mehr Geld brauchte und zu verzehren hatte, konnte es in der Geschwindigkeit nicht ausrechnen, wie es möglich sei, täglich mit 42 Pfennigen auszureichen und noch so frohen Mutes dabei zu sein, und verwunderte sich darüber. Aber der brave Mann im Zwilchrock erwiderte ihm: „Es wäre mir übel gefehlt, wenn ich so viel brauchte. Mir muß ein Dritteil davon genügen; mit einem Dritteile zahle ich meine Schulden ab, und das übrige Dritteil lege ich auf Kapitalien an.“ Das war dem guten Fürsten ein neues Rätsel. Aber der fröhliche Landmann fuhr fort und sagte: „Ich teile mein Verdienst mit meinen alten Eltern, die nicht mehr arbeiten können, und mit meinen Kindern, die es erst lernen müssen; jenen vergelte ich die 10 Liebe, die sie mir in meiner Kindheit erwiesen haben, und von diesen hoffe ich, daß sie mich einst in meinem müden Alter auch nicht verlassen werden.“ War das nicht artig gesagt und noch schöner gedacht und gehandelt? Der Fürst belohnte die Rechtschaffenheit des wackern Mannes, sorgte für seine Söhne, und der Segen, den ihm die sterbenden Eltern gaben, wurde ihm im Alter von 15 seinen dankbaren Kindern durch Liebe und Unterstützung redlich entrichtet. 209. Wiedersehen. Gosephson.) * As im Jahre 1814 die starken Truppenzüge nach Frankreich zogen, kamen Parther und Meder und Elamiter, Baschkiren, Kosacken und Polacen, Sachsen 20 und Ungarn durch die Grafschaft Mark, und eine gar liebe Hausfrau sprach an einem Sonnabende zu ihren Mägden: „Ich darf euch wohl nichts mehr zumuten, nachdem ihr die ganze Woche hindurch vom Morgen bis zum Abende mit allerlei Völkern euch genugsam abgeplagt habt, die Tag und Nacht hier lagen, und wenn die einen gingen, kamen die andern, und an den Tisch setzten sich neue 25 Gäste, wenn die vorigen ihren Marsch fortsetzten. Aber weil's morgen Ostern ist, fegt doch die eine Stube, damit wir wissen, wir haben den Tag des Herrn morgen; danach legt euch zur Ruhe.“ Und die alte Isabelle (sie lebt noch und soll auch diese Geschichte noch zu lesen bekommen) hatte bald die Stube geschrubbt und die Fenster gewaschen, Sand 30 gestreut und den Ofen geheizt, und gegen 9 Uhr saß die Herrschaft mit ihren Kindern um den runden Tisch, und der Vater sprach eben das Abendgebet, als ein Wagen vorfuhr. Ein sächsischer Major stieg aus und gab sein Quartierbillet ab und ward auf sein Zimmer gewiesen, erschien auch bald wieder und setzte sich mit zu Tische und bat um einen Wundarzt. Die Kinder hatten diesen bald 35 herbeigerufen, und es fand sich am Arme des Majors eine frische Schußwunde. Denn in seinem Wagen hatte sich ein Pistol entladen und ihn verletzt. Der Verband war bald besorgt, und der Fremde blieb im Familienkreise sitzen. Das Gespräch bewegte sich hin und her, von Rußland und von der Beresina, vom Brande Moskaus und von der Schlacht bei Smolensk, von der bei Leipzig und 40 von dem Sachsenlande und seinem Unglücke, denn der Major war ein Sachse und aus Gotha gebürtig und die Hausfrau auch, und das Gespräch wurde immer lebendiger. Der Fremde hatte einen kleinen Knaben auf seinem Schoße und schaute sich die übrigen Kinder an, und eine Thräne stahl sich aus seinem Auge. Die Hausfrau dachte: „Die Wunde schmerzt ihn so sehr,“ und sah ihn lange 45 schweigend an und weinte auch. Da springt plötzlich der Ofsizier auf sie zu und