181 bat um Nachtherberge. Der Ritter wies ihn trotzig ab und sprach: „Dieses Schloß ist kein Gasthaus.“ Der Pilger sagte: „Erlaubt mir nur drei Fragen, so will ich wieder gehen.“ Der Ritter sprach: „Auf diese Bedingung hin mögt Ihr immer fragen. Ich will Euch gern antworten.“ Der Pilger fragte ihn nun: „Wer wohnte doch wohl vor Euch in diesem Schlosse?“ „Mein Vater!“ sprach der Ritter. Der Pilger fragte weiter: „Wer wohnte vor Eurem Vater da?“ „Mein Großvater!“ antwortete der Ritter „Und wer wird wohl nach Euch darinnen wohnen?“ fragte der Pilger weiter. Der Ritter sagte: „So Gott will, mein Sohn.“ „Nun,“ sprach der Pilger, „wenn jeder nur seine Zeit in diesem Schlosse wohnt und immer einer dem andern Platz macht, was seid ihr denn anders hier als Gäste? Dieses Schloß ist also wirklich ein Gasthaus. Verwendet daher nicht so viel, dieses Haus prächtig auszuschmücken, das Euch nur auf kurze Zeit beherbergt. Thut lieber den Armen Gutes, so bauet Ihr Euch eine bleibende. Wohnung im Himmel.“ Der Ritter nahm diese Worte zu Herzen, behielt den Pilger über Nacht 15 und wurde von dieser Zeit an wohlthätiger gegen die Armen. 2 Die Herrlichkeit der Welt vergeht; nur, was wir Gutes thun, besteht. 262. Und dann? Caspari.) Zu einem alten frommen Mann kam einst eilenden Schrittes ein mun— terer Jüngling und rief: „Freue dich mit mir, mein Vater! Endlich, endlich hat mein Oheim seine Einwilligung gegeben, ich darf nun auf die hohe Schule und ein Rechtsgelehrter werden. Nun ist mein Glück gemacht!“ „Gut, mein Sohn,“ erwiderte der Alte, „nun wirst du also fleißig an- 25 fangen zu lernen — doch was dann?“ „Nach drei Jahren werd' ich meine Prüfung bestehen und sicherlich, mit Ehren gekrönt, die Schule verlassen und meinen Beruf antreten!“ „Und dann?“ „Dann werd' ich an Fleiß und Gewissenhaftigkeit es nicht fehlen lassen, 30 man wird von mir reden weit und breit, und alle Leute, vornehm und ge— ring, werden mich aufsuchen und ihr Vertrauen mir schenken!“ Und dann?⸗ „Dann werd' ich mir etwas ersparen und ein wohlhabender Mann werden, werd' ein rechtschaffenes Weib nehmen und mir einen eigenen Hausstand gründen!“ 35 „Und dann?“ „Dann werd' ich meine Kinder heranziehen, daß aus ihnen auch etwas werden kann, — jeder das, wozu er gerade die Gaben hat, — und sie werden wohl geraten und in ihres Vaters Fußstapfen treten.“ „Und dann?“ „Dann werd' ich mich zur Ruhe setzen, an meiner Kinder Glück mich freuen, ihre Liebe genießen und ein glückseliges Alter haben.“ „Und dann?“ „Dann, — nun — immer kann man nicht auf dieser Erde bleiben, und wenn man's könnte, es wäre nicht einmal gut, — dann freilich! dann 45 — muß ich sterben!“