2 215 2* So wichtig nahm's der kleine Wicht, Als ging's ohn ihn entschieden nicht War so mit Leib und Seel dabei, Als ob er selbst die Rheinwacht sei, Hat drum den Glockenschlag vergessen Und kam zu spät zum Mittagsessen. Mit heißen Wangen, rotem Kopf, Mit offner Brust, verwehtem Schopf Erscheint er endlich siegesmatt — Die andern waren halb schon satt — Grüßt obenhin, setzt sich zu Tisch Und greift nach seinem Löffel frisch! Jedoch der biedre Vater spricht: „Fritz, ungebetet ißt man nicht!“ Worauf mein Fritz vom Stuhl aufsteht, Die Hände faltet zum Gebet, Und weil sein Kopf noch stark zerstreut, Giebt's, wie der Geist ihm just gebeut, Spricht: „Lieber Gott, magst ruhig sein, Fest steht und treu die Wacht am Rhein. Amen!“ 206. Kaiser Wilhelms II. Jugend. A. Ernst. Aus: Ernst und Tews. Deutsches Lesebuch für Mädchenschulen. II. Band. Leipzig und Berlin, 1891. S. 332. Am 27. Januar 1859 verkündeten 72 Kanonenschüsse den Bewohnern Berlins, daß dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm und seiner Gemahlin Viktoria ein Prinz geboren worden sei. Unendlicher Jubel ertönte, der sich noch steigerte, als der alte Feldmarschall Papa“ Wrangel aus dem kron— prinzlichen Hause trat und der dichtgescharten Menge zurief: „Kinder, es steht alles gut; es ist ein tüchtiger, derber Rekrut, wie man ihn nur verlangen kann.“ Als dem Prinzregenten Wilhelm die Nachricht gebracht wurde, daß er Großvater geworden, war er so freudig bewegt, daß er nicht erst seinen Wagen abwartete, sondern schnell in eine bereitstehende Droschke sprang, um nur schnell seinen Enkel zu sehen und zu begrüßen. In der heiligen Taufe, die am 5. März stattfand, erhielt der junge Prinz die Namen Friedrich Wilhelm Viktor Albert. Sein Rufname war zuerst Fritz, wurde aber später in Wilhelm umgeändert, um dem Prinzen seinen