— 44 — Jedes Geschöpf, das auf oder in dem Wasser leben kann, wird vom Teiche zu Gaste geladen; jedes kann zulangen, wie es ihm beliebt, solange nicht ein größeres und stärkeres kommt und es verschluckt. Da teilt ein Schwan mit der starken Brust das Wasser, daß es eine weite Spur hinter ihm zurückläßt. Cangsam und ruhig schwimmt er daher. Er spiegelt sich im klaren Wasser, steckt den langen, schön gebogenen Hals tief hinab in die Flut, um sich ein Frühstück zu fischen. Da kommt die Ente mit ihren Kindern. Sie haben Schwimmstunde und müssen zugleich von der Alten lernen, wie man in das Wasser taucht, um Würmchen, Schnecken und andere Wassertiere zu erschnappen. Jetzt schwimmen noch andere Enten herbei. Die eine ist ganz weiß, die andere grau mit schwarzen Flügelspitzen. Und da ist eine, die sich vor allen andern vordrängt. Wie schön sind ihre dunkeln Farben! Auf dem Kopfe hat sie eine stattliche Haube, und am kurzen Schwanze sind die Federn gekräuselt wie ein Löckchen. Das ist der Herr Enterich Im Wasser des Teiches geht es gar lebhaft zu. Da tummeln sich die Fische munter umher. Dort wirft ein Knabe ein Stückchen Brot ins Wasser. Sieh, wie gierig die Karpfen darauf losstürzen, und wie es einer dem andern wegschnappen willl Hier lauert der gierige Hecht auf seine Beute. Kommt ihm ein Weißfischchen zu nahe, so schießt er blitzschnell darauf los und schnappt es weg. Im Schlamme windet sich ein Aal leise wie eine Schlange dahin; und träge liegt die Teichmuschel auf dem Grunde des Wassers. Alte Märchen erzählen von Wassernixen, die im Teiche mitten unter Blumen und Schilf wohnten. Ihre obere Hälfte war eine liebliche Jungfrau, die untere ein häßlicher Fisch— schwanz. Sie lockten die Menschen zum Wasser und zogen sie dann ins nasse Grab. Die Wasserjungfrauen sind ver— schwunden und locken nicht mehr; aber die weißen und gelben Teichrosen locken statt ihrer gar zu gern die Kinder zum Wasser. Nimm dich in acht, daß dich die kalte Flut nicht gierig verschlingtl Hugo Weber.*