allein da ward kein Schatz verspürt, und jeder hielt sich angeführt. Doch kaum erschien das nächste Jahr, so nahm man mit Erstaunen wahr, daß jede Rebe dreifach trug. Da wurden erst die Söhne klug und gruben nun jahrein, jahraus des Schatzes immer mehr heraus Bürger. 65. Die beiden Pflugscharen. Von gleicher Art Eisen wurden in einer Werkstätte zwei Pflug— scharen angefertigt. Eine davon kam in die Hand eines Landmannes, die andere ward in einen Winkel gestellt. Erst nach mehreren Monaten erinnerte man sich ihrer und zog sie aus ihrer Ruhe hervor, und siehe! sie war ganz mit Rost bedeckt Wie erstaunte sie, als sie ihre Ge— fährtin wiedersah und sich selbst mit ihr verglich; denn diese fand sie hell und glatt, ja, fast glänzender, als sie anfangs gewesen war. „Ist das möglich?“ rief die verrostete aus; „einst waren wir einander gleich! Was hat dich so herrlich erhalten, da ich in der glücklichsten Ruhe so verunstaltet worden bin?“ — „Eben diese Ruhe,“ erwiderte jene, „war dir verderblich Mich hat Übung und Arbeit erhalten; ihnen verdanke ich es, daß ich dich jetzt übertreffe“ Meißner. 66a. Das Nelkenbeet. „OMũtterchen, gieb uns jedem ein Blumenbeetchen, das uns zugehöre, mir eins, Gustay eins und Alwine eins, und jeder pfloge dann des seinigen!“ So sprach der Neine EFritz zu seiner Musfer. Die Mutter gewähbrte ihm seine Bitte und gab jedem ein Blumenbeet voll seböner Nellen. Die Kinder freudten sich über die Massen und sprachen: „Wenn erst die Nelken blühen, das wird eine Herrlichkeit sein!“ Denn es war noch nicht döe Zeit der Nelken, sondern sie hatten erst Knospen gewonnen, Aber der kleine Eritz war ungeduldig in seinem Gemüte und Lonnte die Zeit der Blüte nicht erwarten, sondern wünschte, dass sein Blumenbeet zuerst vor allen andern blühen möchte Da trat er hinaus und nahm die Knospen in seine Hand und beschaute sie in ihren Mindeln und freute sich sehr, venn aus der grünen Huülle schon ein Blütenblättchen rot oder gelbliech bervor— schimmerte. Aber es vahrte ihm zu lange; Fritz brach die Knospen auf und löste die Blätteben allzumal auseinander. Nun rief er mit lauter Stimme: „Seht, meine Nelken blühen!“ — Allein als dié Sonne darauf schien, neigten dié Blumen ihre Häupter und trauerten und standen zerzaust und welß, ehe es Mittag var, und der Knabe weinte um sie. Aber die Mutter sprach: Ungeduldiges Kind, en dies die letzten Freuden deines Lebens sein, dié du durch eigne gehuld dix verdirbst! Dann hast du die schwere und grölse Kunst zu warten nicht zu teuer erkauftl“ Liummaeher 55 2